Charakterologie

Die Grundlagen 255

als noch offen zu verjhiedenen Möglichkeiten. Und die väterlichen Anlagebejtände erleben nun in der Zeugung ebenjo wie die mütterlichen gleich eine jehr aufwühlende Erjhütterung, wenn man jo jagen darf, dadurdh, dab fie eben mit den Anlagebeitänden des anderen Elternteiles gemijcht werden. Und zwar nicht jummiert, jondern zu neuem Gejamtanlagenbeitand zujammengetan werden. Don der Art, wie nun in diejem Augenblid die Anlagen gelagert find, und wie fie zufammentreffen, welche Spannungen und Ausgleihungen entjtehen, hängt abermals außerordentlich viel ab. Wenn — etwa durch) voraufgegangenen Alfoholgenug die Keimzelle des Daters, aljo jein Anlagenbejtand, in „chlehter Sorm“ ift, jo wird fich der Ausgleich mit dem mütterlihen und die Endeinheit jehr viel anders und jchlechter geitalten, als wenn das nicht der Sall ült.

Eine vierte Modififation, die wohl die radifalite überhaupt it, bejteht darin, daß bei der Zeugung eine Halbierung des väterlichen und mütterlihen Anteils jtattfindet. Die Anlagen des Kindes jtellen aljo nicht die Summe von väterlihen und mütterlihen Anlagen dar, jondern dieje Summe wird nohmals halbiert. Und dieje Halbierung ijt in ihren Einzelheiten vom Zufall bejtimmt, aljo unregelmäßig, jodaß bezüglich der einzelnen „Anlagentomplere” das neue Wejen eventuell jehr viel oder jeht wenig je vom einen oder anderen Elternteil haben Tann. Ebenjo gibt das Elternpaar durd) dieje Halbierung dem Kinde wieder eine von Generation zu Generation jtart wehjelnde Keimzelle zur Weitererbung mit. Der Grundgedanfe, da& alles vererbt wird, daß nichts von außen hinzufommt, bleibt beitehen, die Kontinuität aber der Erbmajje (von der wir zum Zwede unjerer Daritellung ausgingen) wird dadurch entjcheidend modifaiert. Jedes Kind ftellt eine verjchiedenartige Hälfte des elterlichen Ge= jamt-Anlagenbeftandes dar und gibt eine verjchiedenartige Hälfte diejer Anlagenvereinigung weiter.

Und endlich ilt zu bedenfen, daß die Keimzelle dem Kinde ja nicht als Subjtanz von den Eltern weitergereicht wird, jondern daß fie fich aus jeiner Lebenseinheit neu abjondert, jo dak aljo der Anlagenbejtand, aus dem das Kind jeine Eigenjchaften entwidelt, aud) in diejer Hinficht mindejtens nicht identijch ijt mit dem, aus weldhem die Eltern fich entwidelten. Die Keimzelle bleibt zwar vom Erworbenen des Individuums unberührt, muß aber doch von dem Individuum produziert werden.

In Kürze dazu nod) eine Erklärung zweier wichtiger Begriffspaare der Erblebre, die jett jehr leicht zu geben ilt. Die Erblehre unterjcheidet (auf Grund der von uns als zweiter Modififation angeführten Tatjache) den „Phänotyp“ vom „Genotyp”. Die Gejamtindividualität eines Menjchen