Charakterologie

Charakterologijhe Monographien 41

ihon ausreicht, einen ganzen Menjchen in charafterliher Hinficht zu erfajjien. Je enger dabei die Auswahl der Typendimenfionen ilt, um jo dürftiger natürlich das Ergebnis, um jo unbefriedigender die Bilanz. Die Piychoanalyje gibt mit ihren Derjuchen, von einem Syjtem aus den ganzen Menjchen in jeinem Reichtum begreifen und jhildern zu wollen, einen Mujterfall für die Unmöglichkeit, die Totalität eines Menjchen= dajeins von nur einer Perjpeftive her fajjen zu wollen.

Der Anjprud, den Menjchen überhaupt aus einer begrenzten Anzahl von Deripettiven erjchöpfend bejchreiben zu wollen, ijt aud) der Grundirttum aller jogenannten „Piychologijten“!) und hat ihnen — in diejer Binficht mit vollem Recht — den Ruf einer „unjympathijchen” Einitellung zu Menih und Menjchenjchidjal eingetragen. Ethiich liegt in ihr eine Ehrfurdhtslojigteit gegenüber dem Unendlihen des Menjchjeins, geiltig zeigt es die Bejchränttheit des typijcy Intellektuellen an, in ein paar engen Gehäujen die Sülle und Weite des Schöpferijhen einfangen zu wollen. — Ihnen gegenüber wird dann immer wieder mit Recht der Dichter als der „tiefere Piychologe“ ausgejpielt, wobei man allerdings nicht vergejjen darf, dak er die eigentlih wijjenjhaftlihe Aufgabe: Zurüdführung des Einzelnen auf das Allgemeine, durch feine Aentuierung des Individuellen um des Individuellen willen, gar nicht in Angriff nimmt.

1) „Piychologismus“ bedeutet — wie meijt die Sormen auf „ismus” — die unberechtigte Allgemeinanwendung, die Derabjolutierung eines an jich berechtigten Gejihtspunftes. So gibt es einen Pfjychologismus in der Ethik, der die Werte abhängig jegen möchte von den pjydhiichen Aften des Wertens — einen Piyhologismus in der Logit, der die Wahrheit der Gedanken für abhängig erklärt von der Art ihres pjychifchen Zuftandefommens ujw. Zwar gibt es nichts Menjclices, das nicht audy zum Gegenjtand der Piychologie bzw. Charafterologie gemadjt werden fann. Aber damit ift nicht gejagt, daß der Gegenjtand in diejer Derjpeftive erjchöpft werden kann, oder aud) nur, daß fie überhaupt ihm Dejentliches trifit. So gilt nicht nur innerhalb der Charakterologie das Gejet der Perjpektivität (dab fein Charakter von nur einer Perjpeftive erichöpfend betrachtet werden fannı und daß feine Perjpektive als die allein richtige angeIprohen werden fan) — fondern es gilt auch für die Charakterologie als ganze Wiljenichaft. Da der Charakter erjt it, was er ift, indem er in die Welt eintritt, und ji zu einer unlöslihen Einheit mit ihr verbindet, fo ift der harakterliche Menjd immer au noch Schnittpunft vieler nichtcharafterolo= giicher Perjpeftiven.