Charakterologie

Eduard Spranger: „Lebensformen“ 57

ein Wertziel dominiert, — im Derfolg aber der Wertentwidlung erweitert jich diefer Wert zwingend um alle übrigen.

Beim Madıttyp iit das am leichtejten zu zeigen. Wir haben (S. 54) bereits ausgeführt, wie der Drang nad Macht zur Unterorönung unter große Aufgaben führt, jo da ein jtarfer Charakter, der urjprünglidy nur nach dem Wert der Madıt jtrebte, zwingend die anderen Werte mitverwirflicht. Tatjächli fann man bei großen Macdhtnaturen jehr oft aud) gänzlih andere Werte an oberiter Stelle einjegen. (Spranger jagt jelbit, daß eine der wichtigjten Eigenjchaften des Madytmenjchen, die Energie, ein „Urfattor des Sittlichen” ijt.)

So hat man gelegentlich Napoleon gedeutet als einen Menjchen, der in erjter Linie erfüllt war von einem ins Praftijhe gewendeten äjthetijchen Trieb. Seine groke Abjtraftionsfreude, jein Sinn für die Schönheit mathematijcher Rechnungen, die jih im Leben verwirklichen Iajjen, jein Gejtaltungsdrang, wo immer er Un= gejtaltetes antraf, lajjen diefe Deutung wohl zu. — Ebenjo läßt ji) unter mandes Werk ausgefprohener Madhtnaturen die Idee des Helfens, der Liebe legen. Madtnaturen landen jtets am Sührerpojten einer großen Gemeinjchaft, für die jie arbeiten, wagen und ihre Macht verwenden.

Wenn 3. B. ein gejunder Menjch, der zunädhjt auf den Wert des Theoretijhen gerichtet ijt, Wahrheiten findet, die für das Leben bedeutjam werden, jo wird ihn das von jelbjt zu praftiiher Stellungnahme führen, er wird Macht erjtreben, um den erfannten Wahrheiten zum Siege zu verhelfen — die Macht etwa eines Lehrituhls, einer Kanzel, eines Re= dafteurpoitens, eines Reöners ujw. Die Erkenntnis von Werten und Wertzujammenhängen wird ihn ebenfalls ganz allgemein immer zur Stellungnahme drängen, ihn aljo aus der einfeitigen Derfolgung des theoretijchen Wertes in die anderen Werte hinüberziehen.

Daujhal fönnte man den Beweis jo führen: Wenn die Werte, zur hödjiten Steigerung gebracht, einander jeweils ausjchlöffen, je mehr fie erfaßt werden (und nicht, wie wir meinen, einander immer jtärfer einbeziehen), dann müßte die Idee eines hödjiten Wertwejens (Gottes) die Hödhititeigerungen der einzelnen Werte nur widerjpruchsvoll in einer Perjon vereinigen fönnen. Die Wertallheit Gottes aber gehört gerade zu den logijhy völlig begreiflihen Eigenjchaften eines Gottesbegtiffs. Er ijt die Allmadıt, die Alliebe, er ijt die Wahrheit und das Heil (— größter Nußen). Er ijt natürlicy aud) das „Schönjte". Jedenfalls ijt es dem Srommen un= möglich, ji Schöneres zu denfen. (Weil das Schöne für uns allerdings unlösbar mit Icdiijhem [Sinnlihem] verfnüpft ijt, liegt es uns nicht jo nahe, dies Prädifat primär der Gottheit zu verleihen.)