Der Heilige Berg Athos : eine Symphonie. 3
prinz, noch in Windeln, auf der Fahrt nach dem Bosporus, scheiterte unweit von Thasos, umbuchtet von Athosgestaden. Der Herrscherin Leib ward gerettet: das Kindlein verschäumten die Wellen. Drei Nächte lang klagte die Mutter, das Leichlein zu finden, umher. Der Sturm blies nicht aus; Gewitter mit Güssen umblitzten die Klippen; Begleiter vermochten die Kaiserin nicht zum Verlassen des Athos. Sie sollte, ein Weib, schnell hinweg, doch kein Schiff war zur Abfahrt bereit, und so tränte und schrie sie noch fort in die Brandung. Auf einmal doch, klar im Orkan, eine Stimme! Jäh lauschte die Suchende auf, sie vernahm: „Begib dich nach Haus und dort schlummre, komm wieder am leuchtenden Morgen, die Sonne soll scheinen!“ Der Stimme Organ war so wehstillend mild, daß die Trost-Zugerufne beseligt, geheimnisvoll still vor sich selbst, einer Schilfhütte zuschlich. Und gleich schlief sie ein: am Morgen war prachtvoller Himmel; kaiserlich strahlte der Tag. Wohl schien aller Wind mit dem schluchzenden Weib eingeschlafen; bloß unten im Schilf eine Stelle umblies noch ein Blust. Als es noch stärker, doch dort bloß Geweh gab, beschloß die verwunderte, über den Felsen beharrliche Frau, zu kundschaften, was wohl im Schilfdicht geschah. Ein Windstoß noch legte das Blattrohr zur Seite, und lieblich auf Strandgras, behaglich gebettet, lächelte freudig das prinzliche Kind, wie Maimorgensonne, der Mutter entgegen.
Am Ort dieses Wunders ward bald Vatopädi, das herrlichste Kloster des Athosbezirkes, gegründet. Der Name bedeutet: ein Knabe im tiefen Gras. Seitdem sind oft Fürsten vom Hofe am Goldenen Horn in das Mönchtum vom Athos getreten: einige lebten so fromm, daß sie heilig gesprochen, nun sorglich um-
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