Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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Tage und Riegger erhielt noh immer kein Dekret. G * ſchrieb es der Vergeßlichkeit und der nicht - allzu pünktlichen Ordnung in Geſchäften zu, und beſchloß, den Monarchen daran zu erinnern. Als er bald darauf Gelegenheit hatte, Leopold zu ſprechen, ſagte er: „Ew. Majeſtät haben vor zu ſehr überhäuften Geſchäften vermuthlih noh nicht die Gnade gehabt, das Ernennungsdekret für Riegger expediren zu laſſen.“

„Nein, “ fiel ihm Leopold in die Rede, „ich fann dieſen Menſchen niht zum Hofrath kreiren; er iſt ein Erzjakobiner. Sehen Sie, hier ſteht er auf der Liſte.“

Mit dieſen Worten zeigte er dem Präſidenten eine Liſte, auf der dieſer zu ſeinem größten Erſtaunen, - nebſt Ringger's Name, auch die eines Martini, Joſeph Sonnenfels, Zeiler, Mummeder und Ratſchky erblickte.

Wie Riegger, erging es Mehren; doh weiß man kein Beiſpiel von grauſamen Verfolgungen. Leopold war nicht blutdürſtig, ob er gleich ſehr rachſüchtig war, und ging theils aus Menſchlichkeit niht weiter, theils weil ihm bangte, gewaltſame, dem Publikum auffallende Ungerechtigkeiten