Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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das Blatt, damit es wohlfeiler, folglich gemeinnüßziger gemacht werden könnte, von dem auf alle Zeitungen und Tagblätter gelegten Stempel befreien, und ihm ſelbſt Cenſurfreiheit ertheilen , damit er theils niht gehemmt, theils damit in ſeiner Zeitſchrift nicht zu viel geſtrichen werde. „Sie ſollen ſtempelfrei ſein,“ erwiederte Leopold , „doch von der Cenſur kann ih Sie nicht dispenſiren ; aber i<h werde Ihnen einen Cenſor geben, der Sie nicht geniren wird.“

Schon am folgenden Tage kam das dem Kaiſer eingereichte Geſuh an die böhmiſche Hofkanzlei mit einem Handbillete des Inhaltes herab: Dem Bittſteller ſolle die Befugniß, ein Tagblatt, „polie tiſches Sieb“ herausgeben zu dürfen, ertheilet und dasſelbe vom Stempel befreiet werden. Auch wurde ihm, ſtatt der gewöhnlichen Cenſur, der damalige Regierungspräſident und Polizeipräſes, Baron von Weber, zum Ceuſor angewieſen, welcher eine eigene, dieſes Blatt betreffende Inſtruktion erhielt. Dieſe unverkennbare Begünſtigung erregte bei der böhmiſchen Hoffanzlei niht wenig Aufſehen und ließ errathen, daß Leopold Blatt und Herausgeber ſei nes beſondern Schußes würdige. è