Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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daß er ſogar ein ſhönes Bauernmädchen in Tosfana, welches ein Pfand ſeiner Zuneigung erhielt, auf eine grauſame Art verſtoßen und Mutter und Kind im äußerſten Elende habe verſchmachten laſſen, ſteht mit der bekannten Großmuth des Kaiſers gegen die Gräfin Prezichowsky und gegen andere Freundinnen im Widerſpruche. Unmenſchlichkeit lag nicht in Leopold's Charakter, eben #o wenig tadelnswerthe Sparſamkeit oder gar niedriger Geiz.

Leopold ſchäßte Gelehrte und berühmte Schriftſteller, weil ihre Feder zu ſeinem Lobe beitragen konnte und weil er bei der Nachwelt gern mit dem Ruhme eines gelehrten und weiſen Fürſten glänzen wollte. Zu ſtrenge Redlichkeit war aber nicht ſein Fehler und Falſchheit der größte Fle>en in ſeinem Charakter. Man durfte ihm nie ganz trauen, denn er täuſchte ſelbſt diejenigen, deren Freund zu ſein er ſich anſtellte. Sein Wort war kein feſter Grund, auf den ſich eine Hoffnung bauen ließ. Er verſprach meiſtens Jedem Alles, aber er hielt ſelten oder gar niht, was er verſprochen hatte. Seine Günſtlinge heßte ex oft gegen einander, und entde>te dem einen, was ihm