Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

— 193 —

ſters und ernannte Schloißnig zum Kabinetsrathe. Dieſe zwei Männer leiteten nun alle Geſchäfte und beherrſchten die öſterreichiſche Monarchie mit beinahe unumſchränkter Gewalt, obwohl es ihnen leider an hinlänglichen Fähigkeiten, Schloißnig überdies noh an Rechtſchaffenheit fehlte. Nur ihre Geſchöpfe wurden zu öffentlichen Aemtern befördert; ſo z.B. zwei Stellen im geheimen Kabinete mit Neffen von Schloißnig beſetzt, die kaum recht ſchreiben konnten.

Leopold hatte die Preßfreiheit in ziemlich enge Grenzen eingeſchloſſen; aber Franz \{<ränkte ſie noch mehr ein, oder richtiger, hob ſie völlig auf. Der Andächtelei, den geiſtlichen Vorurtheilen, dem lächerlichen Aberglauben, welche unter der Regiegierung ſeines Vaters ohnehin ſchon ſehr begünſtigt wurden, öffnete er vollends alle Thore, und die geſunde Vernunft wurde in allen öſterreichiſchen Staaten für Contrebande erklärt. Dem größten Theile der Nation mißfiel eine Richtung, welche von derjenigen , die Joſeph eingeſchlagen hatte, ſo verſchieden war; man ſah mit Betrübniß, wie zwei Männer das Staatsruder führten, welche nicht mit | der geringſten Befähigung dazu ausgerüſtet waren.

9 á