Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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nur leiſe ahnte, von Hofe entfernt und fiel in Ungnade. Doch blieb ihm eine jährliche Penſion von zehntauſend Gulden, indem das gute Herz des Kaiſers niht vermo<ht werden konnte, ihn ganz zu verderben.

Ueber die Art, wie man Schloißnig um die Liebe und das Zutrauen des Monarchen brachte, wurde in Wien Folgendes erzählt. Schloißnig war im Begriffe , ſh zu vermählen. Die Kaiſerin fragte ihn nah ſeiner Braut und verlangte das Porträt derſelben zu ſehen. Schloißnig erwiederte, daß er Ihrer Majeſtät ſogleich damit aufwarten könne, zog ein Etui aus der Taſche, in dem ſ\{< auf der einen Seite das Porträt, auf der andern ein Spizgel befand, und überreichte es der Kaiſerin mit den Worten: „Hier werden Ew. Majeſtät meine Geliebte ſehen.“ Die Kaiferin öffnete das Etui, aber unglückliher Weiſe für Schloißnig auf der Seite, wo der Spiegel war, und ſah — ſehr natürlih — ihr eigenes Bild. Sie nahm dies für eine feine, ihr ſelbſt gemachte Liebeserklärung , ſtellte ſih über die Verwegenheit höchlih aufgebracht- und eilte auf der