Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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Kaiſer. Dort erzählte ſe den Fall und forderte augenbli>li<he Genugthuung und Strafe für den Vermeſſenen, der ſh erfre<ht habe, ſeine Augen bis zu ſeiner Monarchin, der Gemahlin des Kai“ ſers, dex ihn mit Wohlthaten überhäuft, zu erheben. Auf dieſe Anklage und das ungeſtüme Drängen der Kaiſerin ſei, ſagte. man, Schloißnig ſogleich entlaſſen worden.

Nach Schloißnig's Sturze hielt der Macht des Grafen Colloredo und ſeiner Partei nur no der Einfluß der Kaiſerin die Wage. Wäre Maria Thereſia eine Katharina Il. geweſen, ſo würde die Folgſamkeit , mit welcher ſich Franz ihr unterordnete, dem Staate Glück gebracht haben — wie viel ihr aber fehlte, um der Semiramis des Nordens zu gleichen, geht am beſten aus ein Paar Zügen hervor , die von glaubwürdigen Zeugen beſtätigt ſind.

Als einſt in Gegenwart der Kaiſerin die Rede auf das Theater kam, und bedauert wurde, daß der gute Gefchma>, den das deutſche Theater Leſſing zu danken gehabt, verſ<hwunden ſei, erwiederte Maria Thereſia: „Da bin ih niht der nämlichen Meinung. Ich habe an Leſſing's Emilie