Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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rige Loos zu Theil werden laſſen, vielleicht milderte in dieſem Augenbli>e ein witleidiges Herz die Bitterkeit deſſelben. Forderte nicht gerade dieſer Gedanke gebieteriſh, daß ſie an den Unglücklichen vor ihr that, was ſie wünſchte, daß ihren Söhnen geſchehen möchte? Sie ließ daher Lebensmittel und Geld unter die gefangenen Franzoſen vertheilen, die es ihr mit tauſend Segenswünſchen lohnten. Dieſe edle Handlung wurde der Kaiſerin berichtet, welche dieſelbe ſehr mißbilligte. Man beſchuldigte die Fürſtin unpatriotiſcher Geſinnungen, und maß die Schuld davon einer alten franzöſiſchen Gouvernante bei, welche ſich ſchon ſeit mehr als zwanzig Jahren in dem fürſtlichen Hauſe befand. Die Kaiſerin ließ alſo zuvörderſt der Fürſtin ihren allerhöchſten Unwillen wegen des gegen die gefangenen Franzoſen geäußerten Mitleidens zu erfennen geben, und ihr dann andeuten, daß ihr der Zutritt am Hofe unterſagt ſei, wenn ſe dieſe Franzöſin nicht auf der Stelle entließe, von der man glaubte, daß ſie der Fürſtin ſo ſchle<hte Grundſäße beigebracht habe.

Der erhabenen Fürſtin Paar fiel in dieſer Alternative die Wahl gar nicht ſchwer. Sie ant-