Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

— BW —

mal unausſtehlich waren, abgerechnet, war Kauniß ein Mann von großen Eigenſchaften und ſeiner hohen Stellung gewachſen , wie Wenige. Er beſaß eine ausgebreitete encyflopädiſche Bildung, liebte und \häßte Wiſſenſchaft und Kunſt, und zeigte es, indem er Gelehrte und Künſtler in ſeine Geſellſchaften, an ſeine Tafel zog, ſh öfter mit ihnen in Geſpräche einließ und ſie mit Artigkfeir behandelte, während er häuſig Männer vom erſten Adel, ſelbſt Geſandte, ſtehen ließ, ohne ein Wort mit ihnen zu reden. Aber er vergötterte, wie geſagt, ſi ſelbſt, ſeinen eigenen Werth und ſeine Verdienſte, und geſtand Keinem den Vorrang an Weisheit, Einſicht und Kenntniſſen zu. Zu den mancherlei Sonderbarkeiten, die ihn auszeichneten, gehörte auh eine lächerliche Furcht vor dem Tode, die ſo weit ging, daß man in ſeiner Gegenwart nie ſagen durfte, Dieſer oder Jener ſei geſtorben, ſondern ſi< euphemiſtiſcher Umſchreibungen bedienen mußte. Selbſt das Abſterben des Kaiſers durfte ihm nicht anders bekannt gemacht werden, als durch die Formel: „Seine Majeſtät, der König von Ungarn und Böhmen (ſonſt mußte