Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts

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nihts mehr erwartete, verließ, zur Fahne des Obſcurantismus ſchwor und ſich von der geheimen Polizei als Spion beſolden ließ. Er und Gotthardy wurden vorzüglich dazu gebraucht, geheime Verbindungen auszukundſchaften, welches Geſchäft dem erſten dadurch ſehr erleichtert wurde, daß er nach und nach Jeſuit, Freimaurer, Illuminat, Roſenkreuzer und Kryptojeſuit geweſen war. Der Friſeur Nigelhuber war in anderer Weiſe beſchäftigt; er rapportirte das Geſchwäß der Antichambren, und was er ſonſt während der Verrichtung ſeiner Berufsgeſchäfte, an öffentlichen Orten oder in den Kreiſen der Bürger erhaſchen konnte.

Im Winter von 1793 auf 1794 machte in der höhern wiener Geſellſchaft eine Dame ſehr viel Aufſehen, welche ſi{< Baronin Saintval nannte und für die Wittwe eínes Emigrirten ausgab. Sie hatte in der Wallnerſtraße ein Haus gemiethet, gab glänzende Geſellſchaften und empfing faſt den ganzen Adel der Reſidenz bei |<, doh nur den männlichen, denn der weibliche hielt ſh wegen der Zweideutigkeit ihrer ganzen Erſcheinung und ihres Benehmens von ihr entfernt. Jn ihrer nächſten Umgebung befand ſich als Geſellſchaftsfräulein die