Die Donau
11. Jan. 1936.
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Schule entwachsene, ganz in die elterliche Her. zenswärme eingehüllte Kind hinauszugeben in das schon so gefahrenvolle, sittlich häufig verpestete Stadtleben, aber anderswo kann der lernbeflissene Handwerksgeselle sein Wissen doch Uicht bereichern. Schon zu Zeiten der Innungen, also vor Jahrhunderten legte man großes Gewicht aus die „Gesellenwanderung" mit der zielbewußten Zweckbestimmung, eine fachtüchtige, berufsstolze, welterfahrene Nachfolgerschaft heranzuziehen. Wie soll dieser Brauch in dem Zeitalter des rasenden Fortschrittes und in den wahnsinnig weiterhuschenden Tagen der immer Neues suchenden Anspruchswelt nicht weitergepflegt werden ? ! In den größeren Knlturstaaten kommt es wieder zur Mode, die Burschen wandern zu lassen. In Deutschland z. B. existieren ganze Gemeinschaften zum Zweck dieses Manderns. Man experimentiert ans alle Arten, diesem Vorhaben Erfolg zu verschaffen, das Wandern wird unter staatlicher Aufsicht und Unterstützung völlig organisiert und man hat den besten Eindruck erlangt. Auch Austauschgelegenheiten werden geboten. Auch diese Methode hat sich bewährt. Aus denselben Weg des Weiterbildens der Jugend sollten auch wir treten. Wenn es schon nicht anders, so ist hier die Gewerbekorporation als repräsentative Gemeinschaft amtlichen Charakters, die Kammer als ebenialls offizielles Organ, daun unser Gewerbeverein und zuletzt auch die Eltern des Burschen und so auch die Meister.
Versuchen wir einmal die grundsätzlichen Bedingungen für die Zulassung zur Wanderschaft sesfftellen.
t) Müßte der in Frage kommende Geselle seine berufliche Ausbildung mit wenigstens „gut" abgeschlossen haben d. h. sein Examen bei der Gesellenprüfung "tüchtig" bestanden haben. So theoretisch, als praktisch durch sein Gesellenstück.
2) Muß sein sittliches Betragen musterhaft sein.
3) Körperlich gesund und ein, den Ansprüchen des Berufes entsprechendes Physikum.
4) Soll charakterlich und politisch absolut einwandfrei sein.
5) Muß sich einer absoluten Disziplin bereitwillig unterwerfen.
6) Mag zuletzt seitens eines Meisters anempfolen sein und vom Wunsche zum Wandern oder zum Austausch seitens der Eltern unterstützt werden.
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®ie vermittelnde Korporation oder sonst,, ge Korperschafl möge ihre Aufgabe betreff der Platzierung ganz der Notwendigkeit zur Weiterbildung besorgen. Sie muß wissen, in welchem Fach es angezeigt ist einen tüchtigen Nachwuchs zu erziehen und wo die hiezu berufenen aus warngen Werkstätten zu suchen sind, muß auch die^z-rage der Unterkunft während der Wandel schaff zu regeln wissen, damit aus dem Junaen mcht eventuell ein trauriges Opfer eines destruktiven Geistes werde. Wahr ist es daß dies eine edle und humane Sache ist, die von emment großer Wichtigkeit diktiert und von noch größerer Leranlworiung begleitet sein must
Darüber besteht aber kein Zweifel, daß die jungen Gesellen, denen wir die Möglichkeit des Manderns gegeben haben, unendlich viel sehen und erleben werden. Das Wandern ist berusen, das Vertrauensverhältnis zwischen Fechter . nv Gesellen zu vertiefen, den Wunsch für die Berufsgemeinschaft zu wecken, den Sinn aber auch für die Schönheit des Vaterlandes und damit den Lttolz aus die Heimat zu pflegen. Deu Junge схђ ölt einen unseren unb weiteren Gesichtskreis, lernt neue und moderne Richtungen kennen und dabei das schon Erlernte zu schätzen. Gewinnt solche Eindrücke, die ihm zu Hause fehlten und gelangt voll eigener Selbstachtung von Wissen mehr beladen wieder in die engere Heimat, wo er als Repräsentant des gewerblichen Fortschrittes gewiß einer besseren Zukunft entgegen blickt.
Demnach ans Werk: Korporation, Kammer, Gewerbeverein. Meister und Eltern! Macht diesen Schritt und schickt den geeigneten Teil euerer Jugend -n die Fremde! Sie sollen wandern ! Sie sollen mit neuen Erfahrungen ausgerüstet Qualitätsarbeiter werden, um als Zukunftsgewerbler Apalins den Ruf dieses altberühmten Gewerbeortes nicht nur zuretien, sondern auch modern auszubauen. So wird das Wort „Handwerksbursch" wieder zum Ehrentitel werden. _
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vis-a-vis der Bürgerschule ist ein zu vermieten
Post der Schriftleitung.
I. Sch. Pecs und G. S. Kolut.
Besten Dank für gesandte Auskunft. Werden Adaesse weiter leiten. Herzliche Grüße auch an ihn!
Ich bin dir gut
Ich bin dir gut seit vielen, vielen Jahren, ich bin dir gut seitdem ich dich nur kenn, es blitzte längst in deinen Augen klaren als Püppchen schon, wie ich dich heut noch nenn' Deiner Wangen Rosen brachte Lenzes Luft, deiner Händchen Kosen war der Rosen Duft, deine Lippen süß, getaucht in Nektarsaft me lehrten s mich, wie man sich Leiden schasst.
Ich bin dir gut auf allen deinen Wegen, deine Seele gibt meiner Seele Lab, du brauchst es mir nicht an das Herz zu legen: Ich bin dir gut, weil ich gar lieb dich
sh a b.
Pet. P. Bernhausen Raichle
Für die Hausfrau.
Ein Märchen in Versen.
Ein altes Buch, vom Ahn' vermacht,
Verkürzte mir die lange Nacht.
Großmutter har mit seiner Hand Verewigt indem dicken Band,
Den gestern ich vom Speicher schleppte,
Die best erprobten Backrezepte.
Wie nun durch das vergilbte Bütten So meine müden Finger glitten,
Erscheinen die Kindheit als Vision:
Der Messingmörser Glockenton,
Zinnschusseln, blanke Kuvfertöpfe,
Kochlöffeln recken ihre Köpfe.
Auf Tisch und Bänken steht gereiht,
Der Küchenschätze Seeligkeit.
Ein Ballen Butter walzt herbei Im Gänsemarsch folgt Ei auf Ei,
Und Weizenmehl, eine ganzer Metzen,
Tat sich zum Zuckerhute setzen.
Von süßen Mandeln fünfzig Lol,
Und Datteln und Johannisbrot,
Nußkerne, ein gut bay'risch Pfund,
Mir läuft das Wasser aus dem Mund.
Im Reigen drehen sich daneben Die Sultanien mit Zibeben,
Vanilie, Kalmus, Zitronad,
Und schließlich kommt Großmutters Rat,
Als Amnestie und Privileg:
„Was man nicht hat, das lasse weg I"
Ein Duften wirbelt durch das Haus Und ich, — ich lecke Schüsseln aus ... .
Da tönt es Eins! . . . Die Wanduhr schnarrt Und ruft mich in die Gegenwart,
Großmutter, deinen Rat ich pfleg':
„Was man nicht hat, das lasse weg!"
Das Kapuzinerbübl.
Erzählung vom Reimmichl.
Mit Genehmigung der Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck-Wien-München. Nachdruck verboten.)
3. Fortsetzung.
„Wenn das Weibsmensch sich hartnäckig sperrt, wird es wohl überhaupt unmögl. sein, das Kind herauszubekommen.“ „Nein, nein, ich bin beim Richter gewesen, und der sagte, sobald wir einen festen Platz für das Kind haben, und die Euphrosine gibt es nicht gutwillig heraus, lasst er es ihr von den Gendarmen abnehmen. Bei den Kapuzinern hält es einen guten Platz.“
„Dann kriegen wir Kapuziner das 'Weibsmensch auf den Hals.“
„Nein, über die Kapuziner getraut sie sich nicht, da hat sie Respekt. Gerade darum wend ich mich an Sie. Es war ein grosses, gutes Werk,“
„Ist das Kind ein Bub, ein Mädel?“ „ Es ist ein Bübl, heisst Peterle.“ „Hm, hm, einmal schauen könnte man ja. Wenn sich etwas machen lasst, erhalten sie in kurzem Nachricht. Heute kann ich nichts Bestimmtes sagen. Adieu, Herr Vorsteher!“
Mit dem gingen wir auseinander. Zwei Tage später, an einem Mittwoch, bin ich nach St. Gotthard ins
Steinwendtal hineingeschuht. Da drinnen hauste auf dem Burgergütl ein Ehepaar. Er ein Tiroler, wie er sein kann, nicht einmal sein muss, sie eine Tirolerin, wie sie sein muss, aber nicht immer
n kann. Beide fromm und bieder, hr und offen, Kopf und Herz am rechFleck, die Herzen noch besser als Köpfe, harmonierten wie eine gutTimmfe Orgel. Schier halt ich die zwei Zacharias und Elisabeth im Evanium vergleichen mögen, bloss waren noch mcht vorgeschritten in ihren ren, sondern noch jung, beide in den “issigerjahren. Aber sie hatten keinen hn, überhaupt keine Kinder, und das r ihr grosses Kreuz, weil sie gern lche gehabt hätten. Auf diese Leuten zielte ich bei meinem Gang.
Nun herrschte an dem Tag, da len Steinwendtal hineingetrampelt bin, e Eispol-bärige Kälte, ich kann mich meinen dreissig Jahren an keinen kal-n Tag erinnern. Kein Vogel, nicht mal ein Bachhahni, hess einen Laut challen. Man konnte darum mit kein Menschen ein Wortlein ^сп. Wenn beten wollte, gefror mir i ede.lau e betlein auf der Zungenspitze und die en kamen überhaupt nicht auf, weil ine Seele schon steingefroren war.
hilft nichts Zvptian. Mund zu, die ,u "üb« den Kopf, nicht uraschnnen I fest ausschuhen, sonst gehts dir
noch wie Lots Weib, du gefrierst zu einer Salzsäule oder zu einem Eistock!
Wie ich endlich nach St. Gotthard und just beim Zwölfuhrläuten zum Burgergütl komm, schau ich aus wie das uralte Kasermandl von der Gefrornen Alm oder richtiger wie ein Eismann : Mein ganzer Habit schneeweiss von Reif, die Kapuze wie das Zuckerhüll im Stubai und mein Bart, so lang er gewesen ist, von oben bis unten vergletschert. Ich trappe in die Stube hinein, wo sie just beim Essen hocken und sage mit dumpfer Stimme:
„O, wie bin ich so steinalt 1
Weiss neunmal Wies und neunmal
Wald,
Und weiss das Tal Steinwand,
Nit grösser wie a Hand.“
„Alle guten Geister!“ schreien Annemari, was die junge Bäurin gewesen ist und Barbe, die Magd, zugleich.
Ich schupf meine Kapuze über den Kopt zurück und da kennen sie mich
„Ja, was wär denn so etwas!“ ruft Ferdinand, der Bauer, „das ist ja heilig der Hochwürden Zypnan! Wo kommen denn S i e heute her und wohin geht die Reise ?
„Kommen tu ich vom Kapuzinerkloster in Imstadt und reisen tu ich just zum Burger in Sankt Gotthard.“
(Fortsetzung folgt)