Die Klassengegensätze von 1789 : zum hundertjährigen Gedenktag der grossen Revolution

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war, ſtrömten ſie ihm in hellen Haufen zu und ſhwächten ihre Klaſſe in dem Moment auf das Empfindlichſte, in dem ſie der Zuſammenfaſſung aller ihrer Kräfte bedurfte, um den Untergang wenigſtens hinauszuſchieben.

Und in dem gleihen Moment verſagten auh jene beiden Stügen, auf die das alte Regime am ſicherſten gebaut, die Geiſtlichkeit und die Armee.

Jn beiden Körperſchaften waren, wie {hon erwähnt, die höheren Poſten dem Adel vorbehalten; der dritte Stand dagegen lieferte die Unteroffiziere und die Pfarrer, denen, jedem in einem anderen Wirkungskreis, doch die gleiche Aufgabe geſtellt war, ihre

Untergebenen zu willenloſen Maſchinen zu drillen, die jedem Be- -

fehl von oben ohne Weiteres gehorhten. Aber diejenigen, die ſo die Werkzeuge der herrſchenden Klaſſen herzurichten und zu leiten hatten, gehörten ſelbſt zu den Ausgebeuteten.

Die Kirche war enorm reih. Ein Fünftel des Bodens von ganz Fraukreih gehörte ihr, und zwar das fruchtbarſte, beſt angebaute Fünftel, deſſen Werth den des anderen Bodens verhält= nißmäßig weit überſtieg. Man ſchäßte den Werth der Kirchengüter auf viertauſend Millionen Livyres*), ihren Ertrag auf hundert Millionen. Der Zehnte trug dem Klerus überdies no< 123 Millionen jährli<h. Von dieſen rieſigen Einkünften, ganz abgeſehen von den Einnahmen aus dem beweglihen Vermögen der verſchiedenen fir<li<hen Korporationen, fiel der Löwenantheil an die holn Würdenträger und die Klöſter**), die Pfarrer dagegen lebten in der jämmerli<ſten Armuth, in elenden Wohnhöhlen, oft dem Verhungern nahe. Und doch fielen ihnen allein alle Funktionen zu, die der Kirche überhaupt noh geblieben waren. Sie merkten ni<hts davon, daß ſie einem privilegirten Stande angehörten. Durch ihre Familienbeziehungen mit dem dritten Stand verbunden, ohne Ausſicht je vorwärts zu kommen, arm, mit Arbeit überbürdet, inmitten einer elenden Bevölkerung geſeßt,

*) 1791 ſchäßte der Deputirte Amelot den Werth der verkauften oder zu verkaufenden Kirchengüter ohne die Wäldereien auf 3700 Millionen.

#*) Die 399 Prämonſtratenſer ſchäßten ihre Jahreseinnahme auf mehr als ‘eine Million; die Benediktiner ‘von Cluny, 298 an der Zahl, bezogen jährlih 1800 000 Livres, die von St. Maux, 1672 ſtark, hatten gaï eine Reineinnahme von 8 Millionen, abgeſehen von dem, was auf ihre Aebte ‘und Titularpriore entfiel, die ungefähr eine eben ſo He Summe jährlich einſte>ten.

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