Die Physiognomie des Menschen

Die verregene, unbesonnene Miene:

Den Ungerechten eignet Aristoteles eine mutwillige, verwegene Miene zu. Polemons Text muß nach Aristoteles verbessert werden.

Die liebensmwürdige Miene:

Angenehme, heitere Menschen haben nach Polemon und Adamantius ein frohes Aussehen und fröhliche Sitten. Auch die Scharfsinnigen haben liebenswerte Gewohnheiten. Eine ruhige Miene beweist dieRuhe der Seele. Sueton erzählt, Augustus habe redend und schweigend eine ruhige Miene gehabt, wie auch seine Seele ruhig und friedvoll gewesen sei. Odysseus hatte nach Dares eine heitere Miene. Der Kardinal Pompejus Columna hatte eine liebenswürdige, ernsthafte Miene und war mit seinem wundervollen Verstand ein ebenso guter Geistlicher wie Kriegsmann. Johannes Assymbejus Ussumcassanus hatte eine frohe, heitere Miene, vereint mit großer Würde und Ernsthaftigkeit, war wohltätig, bescheiden, anziehend in seinen Reden und jedermann leicht zugänglich. Ismael Sophus sah froh und heiter aus, war gütig, tüchtig im Reiten und Bogenschießen und witzig beim Spiel.

Die schöne Miene:

Polemon eignet sie den Geschwätzigen zu, Aristoteles den Schläfrigen, was man nach Polemon verbessern müßte, dessen Text hier unverdorbener ist, denn die Verschlafenen sehen nicht schön aus. Nach Polemon und Adamantius haben die Gleißner eine schöne Gestalt. Emanuel Chrysalora hatte ein herrliches Antlitz und einen vortrefflichen Geist, war sehr gelehrt und führte die griechische Sprache in Italien wieder ein.

Die unedle Miene: Polemon hält solche Menschen für kleinmütig und unfreigebig. Politianus hatte kein freimütiges und offenes Gesicht und einen verschrobenen,

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