Die Physiognomie des Menschen

Hochherzige alle anderen, daneben war er kühn, wild, dem Müßiggang und der Ruhe abhold, äußerst streitsüchtig und nach Thukydides unmäßig, üppig und wollüstig und dachte schließlich sogar daran, seinem Vaterlande die Freiheit zu nehmen. Demetrius war so schön, daß kein Maler oder Bildhauer sein Gesicht nachbilden konnte. Er schien gleichzeitig lieblich und schrecklich, ernsthaft und heiter auszusehen, dabei herrlich und königlich, gleichsam zur Bewunderung und Liebe der Menschen geboren. Er war im Kriege ein vortrefflicher Führer, im Frieden ein guter Herrscher, bei seiner Arbeit eifrig, sorgfältig und verständig, gütig, gerecht, fromm und freigebig, aber trotzdem den Lüsten und der Sinnlichkeit mehr als alle anderen Könige unterworfen. Bald war er beim Fressen und Saufen, bald bei der Unzucht und den niedrigsten sinnlichen Lüsten zu treffen und trieb oft so schändliche Dinge, daß man’s nicht erzählen kann, ohne seinen Namen gänzlich zu entehren. Alexander, des Priamus Sohn, war ziemlich groß, hatte helle Farben, sehr schöne Augen, gelbliches, weiches Haar, einen holdseligen Mund, eine liebliche Stimme, eine offene Seele und große Herrschsucht, war aber weder kriegstüchtig noch zuverlässig. Lucian beschreibt den Pseudomantes also: Er sah schön und herrlich, fast göttlich aus, hatte helle Farben, einen glatten Bart, scharfe, bewegliche, leuchtende Augen und eine liebliche, helle Stimme, kurz, nichts Unvollkommenes an sich. Aber seine Seele und seinen Geist sollte man lieber einem Feinde wünschen als sich selbst. Wenn er auch sehr geistreich, gewandt und scharfsinnig war, dabei sorgsam und gelehrt und ein gutes Gedächtnis und eine vorzügliche Auffassungsgabe hatte, so mißbrauchte er alle diese guten Eigenschaften doch zu schändlichen Zwecken. Der Perserkönig Ismael Sophus besaß große Schönheit, ein rosiges, frohes Gesicht, lebhafte, blitzende Augen, einen

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