Die Physiognomie des Menschen

ist das blutärmste Tier und so furchtsam, daß es sich dauernd verändert. Furcht ist eine Erkaltung aus Mangel an Blut und natürliher Wärme. Alexander Aphrodiseus zeigt uns die Ursache der furchtsamen Blässe, indem er schreibt: In der Furcht zieht sich das Blut nach innen in den Körper zurück, sodaß das Antlitz erbleicht, denn das Blut schenkt dem Körper seine schöne Farbe. Polemon und Adamantius schreiben den verbitterten Menschen eine blasse Farbe zu. Die Ärzte leiten sie von der phlegmatischen und melancolischen Feuctigkeit ab, aus der die Furcht entsteht. Doch auch den Verliebten kennzeichnet die Blässe. Daher denn Ovid singt: „Jeder Verliebte ist blaß, dies ist die Farbe der Buhlschaft.“ Der Arzt Erasistratus erkannte an der starken Blässe des Antiochus seine Leidenschaft, die ihm schon bis ins Mark gedrungen war. Pan schloß aus der großen Blässe der Psyche auf ihren Liebesbrand und tröstete sie mit sanften Worten, wie bei Apulejus zu lesen ist.

Leichenfarbe:

Aristoteles warnt Alexander vor dieser Farbe, weil sie auf Lasterhaftigkeit und Unzucht deute. Polemon und Adamantius nennen sie gelblich und meinen: Wenn die gelblihe Farbe nicht durch Krankheit hervorgerufen ist, zeigt sie Furchtsamkeit und Sclectigkeit an. Dieselbe Farbe legen sie den Dummen und Gottlosen bei, die naturwidrige Sitten haben. Loxus hat niemals einen bleichen Menschen gesehen, der nicht hinterhältig und boshaft gewesen wäre. Bleiche, gelbliche Farbe wird allgemein für ein Zeichen von Neid gehalten, denn wer mißgünstig ist, erbleicht. Nach Avicenna bedeutet die Bleifarbe Kälte und Feuchtigkeit, mit etwas Melancholie vermischt. Wenn die weiße Farbe einen Stich ins Grünliche hat, so deutet das Weiße auf pflegmatische Flüssigkeit, das Grüne auf dunkles Blut, das mit ersterer vermischt grün-

lich oder elfenbeinfarben wird. Gelbliche, bleiche 158