Die Physiognomie des Menschen

Farbe deutet auf verminderte Verarbeitungskraft. Menschen von solcher Farbe sind lasterhaft und im Vergnügen unmäßig. Nach Albertus weist bleiche, weiße Farbe auf einen Mangel an Tugend und einen Überfluß der phlegmatischen Feuchtigkeit. Plinius faßt nach Aristoteles die Bleifarbe als Zeichen von kurzer Lebensdauer auf. Plutarch erzählt: Als Cäsar den Brutus beargwöhnte, sagte er zu seinen Freunden: „Was dünkt euch von Brutus? Mir scheint er allzu blaß.“ Als aber Antonius und Dolabella bei ihm verdächtigt wurden, soll er gesagt haben, vor so dicken, behaarten Leuten fürchte er sich nicht, nur vor den Bleichen und Hageren graue ihm; er meinte damit Cassius und Brutus. C. Caligula war blaß, sehr furchtsam und verdorben. Die Geshichtsschreiber berichten von seinen ruchlosen Plänen, seinen Schlechtigkeiten und seiner Mißgunst. Cicero hält dem Piso seine blasse Farbe vor und nennt ihn einen knedhtischen, verdorbenen Menschen. Nach Sallust hat Catilina eine blutlose Farbe gehabt und einen so verderbten Geist, daß er im eigenen Lande zu Krieg, Mord und Raub shürte. Er war wollüstig und habsüchtig, brachte sein ganzes Gut durch und suchte fremdes an sich zu bringen. Attila, das Verderben seines unseligen Jahrhunderts, hatte eine unmenschliche, blasse Farbe, verwüstete Städte und Länder und ließ sich mit einem vermessenen und schrecklichen Worte Gottesgeißel nennen, um den Haß der Menschheit von sich auf den erzürnten Gott abzuwälzen, als ob dieser keinen Henker hätte finden können, der besser als Attila Rute, Feuer und Schwert führen konnte. Wilde Blässe und Schlangenaugen besaß Actiolinus, der Tyrann von Padua, eine Ausgeburt des menschlichen Geschlechtes, die verheerende Pest seiner Zeit, grausamer als Phalares, Dionysius und Nero; er war unerhört gottlos, seine Mordlust wurde niemals satt. Er ersann die unglaublichsten Qualen und Martern, über 30000 Menschen fielen als sein Op-

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