Die Physiognomie des Menschen

chen Versunkenseins keine erfrischende Luft bekommt, ruft, um nicht zu ersticken, die pflichtvergessene Seele zurück, und mit einem einzigen tiefen Atemzug werden alle versäumten Atemzüge nachgeholt. — Das Seufzen ist, wie gesagt, ein Zeichen der Liebe. Eine Stiefmutter, die in Liebe zu ihrem Stiefsohn entbrannte, wurde von dauerndem Seufzen geplagt, wie Apulejus erzählt. Pan soll die Verliebtheit der Psyche an ihrem dauernden Seufzen erkannt haben. Aristoteles schreibt an Alexander: Wenn du einen Menschen siehst, der seine Augen häufig auf dich richtet und erschrickt und rot wird, sobald du ihn anblickst, so kannst du, besonders wenn er auch häufig seufzt, und wenn Tränen in seinen Augen schimmern, gewiß sein, daß er aus Verliebtheit scheu ist. Wer das entgegengesetzte Benehmen zeigt, ist mißgünstig und verachtet dich.

Seufzendes Kopfschütteln: Wer seufzend den Kopf schüttelt, gedenkt voller Reue der vergangenen Geschehnisse oder Reden, schreiben Polemon und Adamantius.

Seufzendes Kopfschütteln mit starren Augen:

Ein solcher Mensch bereut weniger das Vergangene als er darüber nachsinnt, es in Zukunft zu vermeiden.

Das Gähnen:

Bei Gellius steht zu lesen: Als jemand vor Gericht laut und kräftig gähnte, dachte man, es sei das ein Zeichen von Unstetigkeit und Faselei oder von freier, selbstsicherer Sorglosigkeit; der Betreffende beteuerte aber, sein ewiges Gähnen sei ein trotz aller Mühe unverbesserlicher Fehler, worauf man die schon festgesetzte Strafe aufhob.

21. Das Lachen.

Bei den griechischen Schriftstellern findet man wenig darüber, wir müssen uns auf die latei-

154