Die Physiognomie des Menschen

Das spitze Kinn:

Menschen mit solchem Kinn sind mutig und den Hunden vergleichbar, schreibt Aristoteles in seinen „Physiognomonika“. Wenn man die verschiedenen alten Ausgaben und Übersetzungen dieses Buches vergleicht, sieht man, daß Aristoteles das nicht von der Kinnform schreibt, sondern von den Barthaaren. Die tägliche Erfahrung lehrt, daß die Haare ein Zeichen von Mannhaftigkeit und Stärke sind. Einen Mann mit dichtem, spitzem Bart halten wir ohne weiteres für mutig und tapfer. Aristoteles schreibt in seinen „Problemen“, der Mensch habe einen Bart, weil er keine Mähne habe, und weil die Reste der Nahrung nicht wie bei den Tieren zum Nacken, sondern zu den Kinnbacken gelangten. Bei Dares findet man, Hektor habe einen stattlichen Bart gehabt und sei sehr kriegerisch, mutig und tapfer gewesen. Diogenes hatte nach Sidonius Apollinaris einen großen Bart, ebenfalls Lysander, beide waren vortreffliche Männer.

Bartlose Menschen:

Bartlose Männer sind den Weibern und Verschnittenen ähnlich. Die Verschnittenen hält Polemon für liederlich, verderbt, unbarmherzig, hinterlistig, ruchlos und lasterhaft. Plato schreibt im „Euthyphron“, sein Ankläger Melitus habe einen dünnen Bart gehabt. Bei uns geht ein Sprichwort, ge besagt: „Ein schlimmer Bart ist bleich und

ünn.

Bärtige Weiber:

Ein bärtiges Weib hat einen sehr schlechten Charakter. Kein Sprichwort ist richtiger als dies: „Ein bärtiges Weib grüßt man am besten von weitem mit Steinen!“ Michael Scotus schreibt: Ein Weib mit Haaren um den Mund ist wegen seiner heißen Körpermischung geil, stark und männlich. Die Ansicht, Hitze lasse die Haare wachsen, ist richtig; denn es sind ja alle warmen Stellen

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