Die Physiognomie des Menschen

sachen für die graublaue Augenfarbe an: 1. Reichliches Kristallwasser, 2. Glanz und Klarheit dieser Flüssigkeit, 5. das mehr oder weniger starke Vorspringen des Auges, 4. die geringe Menge und dünne Beschaffenheit der Pupillenflüssigkeit. Wir wollen seine Ansicht kritisch betrachten. Auch schwarze Augen können viel reines Kristallwasser haben und erscheinen trotzdem nicht graublau, wovon man sich leicht durch anatomische Zerlegung überzeugen kann. Die Hauptursache der graublauen Farbe scheint mir das spärliche Vorhandensein der Pupillenflüssigkeit zu sein. Meine Ansicht wird durch die Tatsache bekräftigt, daß graue Augen, die nicht gut viel Licht ertragen können, am Tage schlechter sehen als schwarze Augen, die wegen der reichlich vorhandenen Fliüssigkeit zum klaren Sehen viel Licht nötig haben. Wo das Meer wenig Wasser hat und seicht ist, ist es hell und klar, daß man bis zum Grund sehen kann, wo es viel Wasser hat und tief wird, ist es schwärzlih und undurcsichtig. Die modernen Anatomen sind anderer Ansicht, sie führen die Augenfarbe auf die verschiedenartig gefärbte Traubenhaut zurück. Averroes leitet sie von der Beschaffenheit des Gehirns ab, dessen Kälte Blindheit verursache, und Aristoteles von Schwäche, weil die Neugeborenen mit ihren grauen Augen schwach seien. Grauweißliche Farbe deutet daher wie jede helle Farbe auf Furchtsamkeit. Polemon hat dieselbe Ansicht. Der furchtsame Nero hatte nach Sueton graue, stumpfe Augen. Plinius erzählt, Augustus habe graublaue Augen gehabt, wie sie die Pferde haben; sie seien hell und auffallend groß gewesen. Ich halte das für falsch, da Augustus einen sehr guten Charakter hatte und andere Merkzeihen diesen Angaben widersprechen; der glaubwürdigere Sueton schreibt ihm andere Augen zu, helle, glänzende mit göttlicher Stärke, deren Anblick das Gesicht zu Boden zwang wie die blendende Sonne.

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