Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

Wir lesen in allen Büchern, daß Ehe, Familie, Vaterland, Staat, als Einrichtungen im logisch-etischem Sinn erst hervorbrächten: die Bindung und Bändigung des ohne sie unheilvoll wüsten und zersplitterten Naturtriebs. Es ist nicht wahr! Wir lügen es uns nur vor, daß die Erlösung der Erde zu Gestalt und Schönheit angefangen habe mit Gesetz, Sitte, Logos, Etos, Patriarchat. Verursachte nicht jeder Fortschritt im Dienste der großen menschlichen Zweckgefüge auch eine Verarmung der Triebgewalt und mithin die fortschreitende Vereisung und Vergreisung ades Lebens? Blickt Euch einmal genauer um auf Euren großen bürgerlichen Hühnerhöfen! Seht Ihr denn nicht allerorten den Fluch einer von Gewohnheit - bewußt umiriedeten Natur, welche alle Triebe verbiegt, verbürgert oder — (was das Selbe heißt!) — sie durch Gesetz, Pflicht und Satzung ersetzt und somit zu Sachwerten ausmünzt?!.... Stellt dieses ungeheure Gegakker und Gekrähe nicht lebendig vor Augen den Betrieb einer in Arbeitsteilung und Beruf, Familie und Schule, Sitte und Gesetz eingefangenen Jugend, deren Leben sich nunmehr aufteilt zwischen den Polen: Pflicht und Genußgier? — — Immer sind sie auf der Jagd nach neuen Lebensreizen, immer ausdrucksübersteigert, expressionistisch krähend und gakkernd und doch kann all das hysterisch ausdruckübersteigerte Getate und Getute nicht darüber hinwegtäuschen, daß der das ganze Leben heiligende Strahl tausendfach zerschlagen, zersplittert, zerbröckelt ward, ausgemünzt zu geistigem Kitzel, welcher hinweghilit über den unheimlich öden und blöden Alltag des ernüchterten Rauschs.

Grade das heute neuerwachte Pathos der gegenwärtigen amerikanischen und europäischen Jugend (im Gegensatz zu der im strengen Naturbund uralter Gemeinschaftsseele erblühten, zu Schweigen verpflichteten, ausdruckskargen, einfach großen Jugend Asiens!) macht aufs klarste deutlich: wo uns alle eigentlich der Schuh drückt! . Wer so unheilbar verknechtet ist, der fühlt sich frei, wenn er mit Ketten rasselt oder: in Ketten tanzt...

Unwahr ist es, daß nur bewußte Bindung zur Freiheit verhilft; unwahr, daß der Mensch das Seinsollende in Triebmächte wandelt. Dieses ‚Seinsollende‘ woher stammt es denn, wenn nicht aus dem Unbedingten und Seiendem selbst? Jede aus letzten Tiefen steigende Bindung setzt voraus die Befreiung von den Fesseln der abendländischen Gesellschaft. Die Geistes-

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