Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.
96 IV. Jm Dienſte der europäiſchen Reaktion.
den. Öſterreich, Rußland und Preußen taten ſih am 19. November 1820 zuſammen, um für die gründliche Heilung von den ſchweren Schäden zu ſorgen. „Wenn in Staaten, die der europäiſchen Allianz angehören,“ hieß es, „Regierungsänderungen bewirkt werden und ihre Folgen andere Staaten bedrohen, ſo ſind ſie aus der Allianz ausgeſchloſſen, bis ihre Lage Bürgſchaften legitimer Ordnung und Beſtändigkeit bietet.“ Die Verbündeten legten ſich das Recht bei, in einem ſolchen Falle Zwangsmittel. zur Anwendung zu bringen ; dabei ſollte jedoch die Landkarte Europas, jo wie ſie im Jahre 1815 entworfen war, erhalten bleiben. Der von der Revolution bedrängte König Ferdinand von Neapel wurde eingeladen, vor dem Kongreſſe zu erſcheinen; zur Erleichterung ſeiner Fahrt beſchloß man aber den Ort der Beratungen nah Laibach zu verlegen. Das Protokoll der öſterreichiſh-preußiſch-ruſſiſhen Abmachungen wurde nachträglich den Vertretern Englands und Frankreichs zur Kenntnis gebracht. Die engliſche Regierung, die auf das Londoner Parlament Rückſicht nehmen mußte, verwarf zwar den Grundſag der Jntervention und der gegenſeitigen Garantie, legte aber den drei Mächten keine ernſten Hinderniſſe in den Weg. Der franzöſiſche König förderte dagegen ihre Unternehmungen.
Jm Januar 1821 fand man ſi<h in Laibach zuſammen. König Ferdinand durfte ohne Zuſtimmung des Parlaments ſein Land nicht verlaſſen; darum ſ{<meichelte er den Abgeordneten mit der liſtigen Verſicherung, daß er auf dem Kongreſſe für die in Neapel eingeführte ſpaniſche Konſtitution eintreten werde. Dieſe gröbliche Täuſchung wirkte und der König verließ ſeinen Staat auf einem Schiffe, das mit den Farben der Carbonari geſ<hmü>t war. Fn Laibach vollendete ſich Neapels Schi>ſal. Die Mächte verlangten vom neapolitaniſchen Parlamente, daß es in die Aufhebung der Verfaſſung einwillige, und faſt gleichzeitig überſchritten öſterreichiſ<he Regimenter den Po. Niemand freute ſich mehr über dieſe ernſte Wendung als Ferdinand, dem der Konſtitutionali3mus in tiefſter Seele verhaßt war. Wohl ſchritt man im Königreiche zum Widerſtande, denn die Freunde der Verfaſſung wollten ſich niht ergeben . Mit hochklingenden Worten verſtändigten ſie die Welt von der Abſicht einer heroiſchen Gegenwehr, um ſich dann feige vor den Öſterreichern zurü>zuziehen. Die kaiſerliche Armee ſtellte in Neapel und Sizilien raſch die Ordnung, das heißt den Abſolutismus her und König Ferdinand durſte als unbeſchränkter Herr zurü>kehren. Über dieſen König äußerte ſih Metternich in Laibach höhniſch: „Zum zweiten Male ſhon