Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

46 IT. Dex Kampf gegen Napoleon.

nicht auf den Einfall geraten werden, ſich miteinander zu ſchlagen.“ Ganz ohne Zuſammenſtöße konnte es immerhin nicht abgehen, ſchon weil Napoleon mit Zornesausbrüchen nicht zurüchielt und Metternich nicht der Mann war, ſich allzuvieles bieten zu laſſen. Einmal — es war der 15. Auguſt 1808, der Geburtstag des Korſen glaubte Napoleon bei einem allgemeinen glänzenden Empfange der Diplomaten den Vertreter Öſterreichs wegen der Rüſtungen, die der Staat damals betrieb, heftig zur Rede ſtellen zu ſollen. „Was will denn Jhr Kaiſer ?““ ſchrie der franzöſiſche Cäſar. „Er will, daß Sie ſeinen Botſchaſter reſpektieren,“ antwortete Metternich geiſtesgegenwärtig und gelaſſen. Der Krieg zwiſchen den zwei Kaiſerreichen, zu dem Öſterreichs Botſchafter in Paris raſtlos drängte, bereitete der Wirkſamkeit in Frankreich einen jähen Abſchluß. Nicht zum Nachteile des gewandten Diplomaten, den das Glück jezt um einige Stufen höher trieb.

Drei wichtige Gaben hatte Metternich für ſeinen Leben3weg empfangen. Ex war ein ſhöner Mann und noch mehr, ein eleganter Geſellſchaftsmenſch, dem die Frauen niht abhold ſein konnten. Clea mens hat — darin ſeinem Vater nicht unähnlih — viel geliebt und viel Liebe gefunden und dies in einer Zeit, in der der Einfluß hochſtehender Damen Außerordentliches vermochte. Frauengunſt half dem jungen Metternich auch in die Höhe und erleichterte dem Emporgekommenen bisweilen die Durchführung ſeiner Abſichten. Nicht nur auf das weibliche Geſchlecht, ſelbſt auf Männer machte der Begnadete einen tiefen Eindru>, den man verſteht, wenn man die Porträts des Staats3mannes anſieht. Ein feines, edel geſchnittenes, längliches Geſicht mit einer ſanft gebogenen Naſe wurde von üppigem blondem Haar umrahmt, das in den Jahren der Jugend bis zu den Schultern herabreichte. Schwärmeriſche blaue Augen belebten den Kopf, der auf einem ſchlanken, biegſamen Körper ſaß. Rote ſinnliche Lippen, denen die Worte mit einſhmeichelndem Klange entſtrömten, ergänz=ten das harmoniſche Bild. Nicht weniger als die äußere Erſcheinung hat die leichte Anpaſſungsfähigkeit, mit der Metternich ausgeſtattet war, ſeine Entwicklung gefördert, zumal da ſie ſih mit der Gabe raſchen, ſcharfen Erfaſſens in verwi>elten Situationen vereinte. Auch beſaß der junge Diplomat eine genügende Portion von Selbſtbewußtſein, ohne die der Repräſentant eines Staates das Feld nicht behaupten kann. Bei Metternih wuchs \ſih das Selbſtbewußſein freili<h allmähli<h zum Dünkel, zur Selbſtberäucherung aus.

Seine Familie wurde von dem exkluſiven Hochadel in Wien am