Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

B. Napoleons Niederlage. __47

Anfange mit ſcheelen Augen angeſehen. Aber Clemens’ kluge Eltern braten die Vermählung ihres hoffnungsvollen Sohnes mit einer Enkelin des Staatskanzlers Kaunig zuſtande. Dadurch wurde die geſellſchaſtlihe Stellung des jungen Mannes gebeſſert; er gehörte nun unbeſtritten zu den Spigen der Geſellſchaft und war von dem Bewußtſein ſeiner glü>lichen Poſition ganz erfüllt. Jhm wurde der kleine Kreis der ſtolzen Ariſtokratie zu ſeiner Welt, in der er ſich wohl fühlte und aus der er geiſtig niht herauswuchs. Den Maſſen des Volkes blieb er ferne; er behandelte ſie, als wären ſie dazu geſchaffen, von hochgeborenen Herren gelenkt und beherrſ<ht zu werden. Ebenſo kühl verhielt ſi<h Metternich gegenüber dem Bürger= ſtande. Die Geldariſtokratie ließ er allenfalls no< gelten, das heißt, er gebrauchte ſie für ſeine Zwecke. Dagegen traute er den Jntellek= tuellen niht; ſie ſchienen ihm gefährlich zu ſein und der ſcharfen Aufſicht zu bedürfen. So hielt er es wenigſtens in den leßten Jahrzehnten ſeiner ſtaatsmänniſchen Tätigkeit. Aber es wäre ein Jrrtum, wollte man annehmen, daß der beleſene Miniſter die Geiſtesarbeit gering achtete und darin andern öſterreichiſchen Staatsmännern glich, von denen Erzherzog Carl klagte, daß ſie während Jahrzehnte keine Bücher in die Hand genommen hätten. Metternich ſuchte vielmehr ausgezeihnete Männer der Wiſſenſchaft und der Feder in ſeine Nähe zu ziehen, ſie in den Sold Öſterreichs zu nehmen, wobei jedoch als Vorbedingung galt, daß ſie ſich den Staatsmaximen unterordnen und daß ſie ihre eigene Meinung knehtiſch preisgeben würden. Jn einzelnen Fällen gelang der Seelenkauf, während er — rühmend darf man es verzeichnen — bei niht wenigen Perſönlichkeiten fehlſlug. Metterni<h wuchs in einer Epoche heran, in der die Kunſt des Lebensgenuſſes ſorgfältig gepflegt wurde. Er ſelbſt war ein Grandſeigneur, der mehr Geld verbrauchte als ſein Vermögen und ſein Amt abwarfen. Große Revenuen, die ihm von ausländiſchen Herrſchern gewährt wurden, verſcheuchten ihm die materiellen Sorgen und geſtatteten ihm, nach ſeiner Art zu genießen 1). Das Milieu, in dem ſeine Tage verfloſſen, ſchilderte er ſelbſt einmal in einem vertraus lichen Briefe ?). „Sie können ſich keinen Begriff machen, wie ſ{ön meine Gemächer ſind, wenn die Sonne hineinſcheint. Die Räume liegen gegen Süden, ſind daher freundlich und warm. Meine Möbel kann ih kaum vor den Sonnenſtrahlen retten. Jh habe eine gerüuse

1) Schmidt-Weißenfels. Fürſt Metternich. Prag 1860. 1. Band. 2) „Aus Metternichs nachgelaſſenen Papieren.“ Wien 1881. 3. Band.