Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

B. Napoleons “Niederlage. 45

Rat ſeines Kanzlers einzuholen. Verſuchen wir, uns mit dem Weſen des mächtigen Mannes vertraut zu machen, der im Auguſt 1809 zum Staats- und Konferenzminiſter und zwei Monate nachher am 8. Oktober — zum Miniſter des kaiſerlichen Hauſes und der auswärtigen Angelegenheiten ernannt wurde.

Metternich gehörte einem alten rheiniſchen Adelsgeſchlechte an. Der Vater Franz Georg trat kurze Zeit nach der Geburt ſeines berühmten Kindes in den öſterreichiſchen Staatsdienſt, aber Clemens lernte das Land, das ihm ſo hohe Stellungen bieten ſollte, erſt im 20. Lebensjahre kennen. 1773 in Coblenz geboren, ſtudierte er an den Univerſitäten in Straßburg und Mainz. Der junge Mann beſaß für den öffentlichen Dienſt wenig Neigung und hätte es vorgezogen, ſih der Pflege der Wiſſenſchaften zu widmen. Geologie, Chemie, Phyſik und nicht zulegt die ärztliche Kunſt lo>ten ihn mehr als die Tätigkeit geſchmeidiger Diplomaten. Aber niemand entgeht ſeinem Schickſale und ſo traf denn Metternich der Ruf, ein Beamter des Kaiſers Franz zu werden. Er durfte zwiſchen dem Poſten eines diplomatiſchen Vertreters in Dresden oder Kopenhagen und der bequemen Stelle des Abgeſandten von Böhmen beim deutſchen Reichstage wählen. Jn ſeiner Selbſtbiographie ") erzählt der Staatskanz= ler, daß er dem Monarchen offenherzig bekannt habe, er fürchte, in eine Sphäre treten zu müſſen, für die er ſich nicht geeignet halte. Er wolle ſih jedo< den Befehlen des Kaiſers nicht entziehen, falls der Herrſcher dennoch den Verſuch zu wagen gedenke. Lächelnd erwiderte der Monarch: „Wer ſolche Furcht hegt, iſt nicht der Gefahr ausgeſeßt, den öffentlichen Dienſt zu ſchädigen; ich verſprehe Jhnen übrigens, der erſte zu ſein, der Sie aufmerkſam macht, wenn Sie ſich auf falſchem Wege befinden.“ Metternich entſhloß ſi<h, nah Dresden zu gehen und er wurde im Februar 1801 zum Geſandten am furſächſiſchen Hofe beſtellt. Zwei Jahre ſpäter erhielt Metternich ſeine Ernennung zum Geſandten in Berlin und im Mai 1806 erging der ehrende Auftrag an ihn, Öſterreich am Hofe Napoleons zu repräſentieren. Als er damals durch Straßburg kam, beſuchte ihn ſein Fechtmeiſter aus der Univerſitätszeit. „JFſt's nicht ein ſeltſames Geſchi>k““ — ſagte der Biedere — „das mich berufen hat, Jhnen Fechtlektionen zu geben, furz nachdem ich ſolche Napoleon erteilte (der in Straßburg als Artillerieoffizier diente). Jh hoffe, daß meine Schüler, der Kaiſer der Franzoſen und der öſterreichiſche Botſchafter in Paris

1) „Aus Metternichs nachgelaſſenen Papieren.“ Band T.