Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

48 11. Der Kampf gegen Napoleon.

mige Antichambre, einen großen Saal, worin die Leute, die mich zu ſprechen wünſchen, warten; daran ſtößt meine Bibliothek, ein herrliches Gemach. Es enthält in ſeiner ganzen Höhe nur Bücher in ſchönen offenen Mahagoniſchränken. Da der Bibliotheksſaal etwa 18 Schuh hoch iſt, ſo faßt meine Bibliothek nahezu 15 000 Bände, ohne danach auszuſehen. Mitten im Saale ſteht die ſhöne Venus von Canova, deren Piedeſtal ein rundes Kanape umgibt. Dann kommt mein Arbeitskabinett, ein {<hönes, großes Zimmer mit drei Fenſtern; darin ſtehen drei große Schreibtiſche, weil ich gerne den Plag wechſle und es nicht liebe, geſtört zu werden, wenn ih bei mir jemand an=deren ſchreiben laſſe. Dieſes Kabinett iſt voll von Kunſtwerken, Bildern, Büſten, Bronzearbeiten, einigen aſtronomiſchen Stehuhren und allerhand Jnſtrumenten. Denn die ſeltenen Stunden der Muße weihe ih gerne den Wiſſenſchaften; es ſind zwar Stunden, die für das Geſchäft verloren gehen, aber fürs Leben ſind ſie ein Gewinn. Auf dem großen Tiſche meines Schlafgimmers liegen viele Kartons mit Kupferſtichen, Landkarten und Zeichnungen; ferner beſize ich eine hübſche Anzahl von Kunſtſammlungen, die unter Glas ſind. Oftmals ergögte ich mich an der Zerſtreutheit der Fremden, die ihr Beſuch in dieſe abwechſlungsreiche Fülle der Umgebung bringt. Jn dieſem Hort verbringe ich ſieben Achtel meiner Exiſtenz. Warum ſollte ih mich da nicht mit all dieſen mir teuren Gegenſtänden umgeben? Jh bewohne ungern kleine Gemächer, beſonders ungern arbeite ich darin. Jm engen Raume ſhrumpft der Geiſt zuſammen, die Gedanken verſchließen ſich und ſogar das Herz welkt ab. . .“ So war der Staatsfanzler, ſo ſah es in der Staatsfkanzlei aus.

In ſeinen Jünglingsjahren verabſcheute Metternich die Revolution. Durch eine anonyme Schrift ſuchte er ſogar für eine allgemeine Bewaffnung des deutſchen Volkes"), — für ein Volksheer — Stimmung zu machen; doch ſollten die Waffen niht „der dem Staate zu allen Zeiten ſo gefährlichen Klaſſe der Unbeſchäſtigten, der nichts beſißenden und faſt ſtets zum Auſfſtande bereiten Menſchen“ anvertraut werden. Mit dieſem Maſſenaufgebote meinte Metternich den franzöſiſchen Jakobinern den Todesſtoß verſegen zu können. Als dann der kleine Korſe zum großen Napoleon wurde, begleitete Metternichs Haß den Aufſtieg. Der öſterreichiſhe Diplomat verabſcheute aber nicht den Zwingherrn, ſondern den pietätloſen Vernichter der alten Tradition. Nach dem Sturze des Titanen fand ſich Metter-

1) „Aus Metternihs nachgelaſſenen Papieren.“ Wien 1880. 1. Band.