Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

50 IT. Dex Kampf gegen Napoleon.

Plan gefaßt zu haben, eine Verbindung ſeiner Familie mit dem ahnenſtolzen Hauſe Habsburg-Lothringen herzuſtellen; er verfolgte nun die Abſicht in ſeiner kühn zugreifenden Art. Bei einem Balle im Hauſe des franzöſiſchen Erzkanzlers Cambacerés trat eine Maske auf Metternichs Frau zu, die in Paris weilte. Die vermummte Geſtalt führte die Gräfin durch eine Flucht von Gemächern in ein Kabi=nett und warf nach einigen einleitenden Scherzen die Frage auf, ob der Kaiſer von Öſterreich zu einer Vermählung ſeiner Tochter Maria Luiſe mit dem Neugierigen — es war Napoleon — ſeine Einwilligung gewähren würde. Metternichs Gattin beteuerte in ihrer Überraſchung, keine Antwort geben zu können. Darauf forſchte Napoleon weiter, ob die Miniſterfrau an der Stelle der Erzherzogin ihre Hand bieten würde. Die Gräfin Metternich verſicherte, in einem ſolchen Falle ihre Zuſtimmung zu verweigern. „Sie ſind boshaft,“ ſprach Napoleon. „Schreiben Sie aber Jhrem Gemahl und fragen Sie ihn, was er von der Sache denkt.“ Jn dieſer Weiſe erzählt Metternich ſelbſt die Werbung, über deren Entſtehungsgeſchichte die Anſichten der Hiſtoriker heute noh auseinandergehen. Der öſterreichiſche Miniſter des Äußeren griff das Heiratsprojekt freudig auf und erteilte dem Botſchafter in Paris, dem Fürſten Karl Schwarzenberg, die entſprechenden Weiſungen. Am 6. Februar 1810 ſchi>te Napoleon ſeinen Stiefſohn Eugen Beauharnais zu Schwarzenberg, um von dieſem dringend die ſofortige Unterzeichnung eines Ehevertrages zu begehren. Der Botſchafter hatte den Auftrag, in einem ſolchen Falle erſt die kaiſerliche Zuſtimmung in Wien einzuholen, doh Napoleon ließ dazu feine Zeit. Fürſt Schwarzenberg mußte den Pakt unterfertigen, bevor er in der Hofburg zur Kenntnis genommen war.

Maria Luiſe, eine noch jugendliche, faſt kindlichnaive Erzherzogin, ſollte alſo die Frau des Gefürchteten und Gehaßten werden. Vor wenigen Monaten hatte ſie an ihrem eigenen Leibe erſt einiges von den Leiden des Krieges verſpürt und ihre Quartiere oft wechſeln müſſen. Auch teilte ſie den Abſcheu vor dem ländergierigen Jmperator, der bei einem Teile der Hofgeſellſchaft vorhanden war. Sie überließ jedoch die Entſcheidung ihrem Vater und dieſer wieder folgte den Geboten der Staatsräſon ; er wurde Napoleons Schwiegervater, ohne dadurch in ſeiner Abneigung beirrt zu werden. Jn Wien, wo die breiten Schichten der Bevölkerung in der Heirat eine Bürgſchaft für den Frieden erbliten, freuten ſich die Maſſen des Ereigniſſes, ſo daß _ Metternich mit Fug ſchreiben durfte, das Geſchehnis habe die allge-

“meine Billigung des eigentlichen Hauptſto>kes der Bevölkerung ge-