Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

TIT. Metternich gegen Deutſchlands Freiheit. 85

ſeglih beſtandenen ſtändiſchen Rechte als der obwaltenden Verhältniſſe zu ordnen. Von dem Wunſche Metternichs, die Verfaſſungen der Einzelſtaaten der Autorität der Bunde3gewalt zu unterwerfen, geſchah vorläufig keine Erwähnung. Das ſollte der Zukunft vorbe= halten bleiben. Der Partikularismus hatte bei den Wiener Beratun=gen noch das Feld behauptet und dadurch verhütet, daß der Deutſche Bund jezt ſhon in eine Zwangsanſtalt zur Beſtrafung jeglicher modernen Regung umgewandelt wurde. Etwas entſagungsvoll meinte des3halb der öſterreichiſche Staat3mann in einem Berichte an den Kaiſer Franz: „Mit dem hier zu Ende gehenden Werke iſt das Größte geſchehen, was heute geſchehen fonnte. Zur Stunde ſehe ich bereits die Folgen, welche die Korrektheit unſeres Ganges tägli<h mehr entwickeln wird. Ein Wort von Öſterreich geſprochen, wird in ganz Deutſchland ein unverbrüchliches Geſet ſein. Nun erſt werden die Karlsbader Maßregeln in ihr wahres Leben treten und alle diejenigen, die zur Ruhe in Deutſchland erforderlich ſind, ſich ganz natürlih anſchließen.“ Nicht alles, nur etwas war erreicht! Aber Metternich hoſſte auf eine ergiebigere Ernte in der nächſten Zeit.

Die qualvolle Bevormundung der Untertanen, denen man bereits vor Fahren rüſi<tslos erklärt hatte, daß in der Zeit der Befreiung nicht ſie, ſondern die Fürſten und ihre Miniſter Deutſchland gerettet hätten, — der einſihtige Erzherzog Johann geſtand gerne das Gegenteil zu — machte täglih Fortſchritte. Metternichs Selbſtbewußtjein ſtieg infolgedeſſen, ſo daß der Miniſter auch über die anderen Regierungen herrſchen wollte. Ein Teil der Staatsmänner in den deutſchen Bunde3gebieten fügte ſi freiwillig und horchte demütig auf die Wünſche, die in Wien ausgeſprochen wurden. Da, wo man ſich nicht ins Joch beugen ließ, ſollte man es büßen. Bayern, Württemberg, Baden und die beiden Heſſen, die fih dem öſterreichiſh-preußiſchen Diktate zu widerſeßen wagten, wurden, wenn es nur ging, hart angefaßt. Der großherzogliche Hof in Darmſtadt mußte ſeinen Geſandten am Frankfurter Bundestage abberufen, weil dieſer Diplomat Metternichs Eigenwilligkeit verlezte und Württemberg, das ſi<h mutig weigerte, in gleih ſ{<mähliher Weiſe nahzugeben, konnte ſih zuleßt doh niht behaupten. Jm Sommer des Jahres 1823 hatte der öſterreichiſche Miniſter des Äußern die Bundesverſammlung von den oppoſitionellen Elementen geräumt. Sein Geiſt herrſchte, ohne jedoch in den deutſchen Landen alle Keime geſunden politiſchen Lebens vernichten zu können. Immerhin meinte ein Frankfurter Bundestagsgeſandter um dieſe Zeit charakteriſtiſch: