Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

84 TI. Metternich gegen Deutſchlands Freiheit.

zuges gegen den Jdealismus, er konnte nur durchdringen, weil er auf empfängliche Seelen ſtieß. Denn nicht beſſer als in Wien ließen ſih die Verhältniſſe in Berlin an. Von dort aus wurde ſchon früher mit einer jämmerlichen Demagogenverfolgung begonnen, der die edelſten Männer des deutſchen Volkes zum Opfer fielen. Und die ſächſiſche Regierung fand ſogar, daß in Karlsbad nicht genug Arbeit geleiſtet wurde.

Das Werk, das man in dem böhmiſchen Weltkurorte begonnen hatte, ſollte in Wien ſeine Fortfezung finden. Die ſüddeutſchen Kammern, in denen ein freies Wort geſprochen werden durfte, erregten den Ärger Metternichs, den das Verfaſſungsleben in einzelnen Bundesſtaaten außerordentlich ſtörte. Gegen den Konſtitutio=nali3mus mußte ein Damm aufgerichtet werden ; wenn er ſich ſhon nicht ganz erſti>en ließ, ſo ſollte er in ſeinem Siegesmarſche nicht weiter dringen. Solchen Gedanken waren die Miniſter der im engeren Bundesrate ſtimmberechtigten 17 Staaten — wenigſtens der Mehrzahl nah — nicht abgeneigt, die ſih am 25. November 1819 in Wien zuſammenfanden, um den Orakelſprüchen des Fürſten Metternich zu lauſchen. Die Verhandlungen zogen ſich lange hin, denn man kam erſt im Frühjahre zu einem vollſtändigen Einvernehmen. Dennoch verliefen die Beratungen beſſer, als es der Miniſter des Äußern vorhergeſehen hatte, weil die Oppoſition Bayerns und Württembergs weniger hartnäctig ausfiel, als zu erwarten war. Die „Wiener Schlußakte“, die am 15. Mai 1820 unterzeichnet wurde, erhielt ſhon einige Wochen ſpäter die Zuſtimmung der Frankfurter Bundesverſammlung. Sie bildete eine Ergänzung der Bunde3akte und ſ{loß die grundlegende Geſeßgebung für den Deutſchen Bund ab. Jhr Jnhalt gliedert ſich in 65 Artikel. Fntereſſant iſt die 25. Beſtimmung, nach der die Aufrechterhaltung der inneren Ruhe und Ordnung in den Bundesſtaaten jeder Regierung allein zuſteht. Als Ausnahme durfte jedoch im Falle einer Widerſetlichkeit der Untertanen gegen die Regierung, eines offenen Aufruhrs oder gefährlicher Bewegungen in mehreren Bundesſtaaten eine gegenſeitige Hilfeleiſtung der Regierungen ſtattfinden. Dies hätte entweder auf Verlangen des betreffenden Staates zu geſchehen, oder „wenn dieſer durch die Umſtände gehindert werden ſollte, die Hilfe des Bundes zu begehren“, auh ohne ausdrüd>liches Anſuchen. Der vielberufene Artikel 13 der Bundes3akte fand nun eine authentiſche Erklärung. Den freien Fürſten der Bundesſtaaten blieb es überlaſſen, die inneren Landesangelegenheiten mit Berückſichtigung ſowohl der früheren ge-