Geschichte der französischen Revolution
38 IL Kapitel. Die Konſtituante.
den Einwirkungen des demonſtrationsluſtigen Pöbels. Im Juni 1791 verlor Ludwig auh das Begnadigungsre<ht. Und dann fam die Sivilverfaſſung des Klerus, die dem ſtrenggläubigen Fürſten die größten ſeeliſhen Leiden verurſahte. Nur auf Betreiben ſeiner Umgebung hatte er ſie angenommen; als aber der Papſt den Prieſtereid für ein Safrileg erflärte, als die Geiſtlichkeit ihm vorſtellte, ſein Seelenheil ſtehe auf dem Spiel, als er das Abendmahl aus den Händen vereidigter Prieſter empfangen mußte, da erſchien Ludwig die Unterzeihnung des Defrets über den Prieſtereid wie eine Todſünde, und er hielt alles für erlaubt, die Ruhe ſeines Gewiſſens wieder zu erlangen. Da war es ſein beſonderes Verhängnis, daß der Mann ni<t mehr unter den Lebenden weilte, der vielleicht allein no< einen Ausweg gefunden hätte. Am 2. April 1791 war Mirabeau, bis in ſeine legten Augenbli>e mit den Geſhi>en ſeines Volkes beſchäftigt, geſtorben. „I< nehme das Trauergewand des Königtums mit mir, na< meinem Tode werden die Aufwiegler ſi<h um ſeine Segen ſtreiten,“ foll er geſagt haben, und einem Freunde, der ihn aufritete, rief er zu: „Ja, ſtüßze nur dieſes Haupt; i< wollte, i< könnte es dir vermachen !“ So war na< Talleyrands Ausſpruch überall das Bild des Todes, nur nit in der Seele deſſen, dem er drohte. Der poſitivſte Geiſt des damaligen Franftrei, der einzige fer tige große Staatsmann, der in die Nationalverſammlung eintrat, der glänzendſte Publiziſt im Beginne der Revolution, und einer ihrer gewaltigſten Redner, der dem ruhenden Sels in wogender Brandung verglichen wird, hätte er vermöge ſeines Programms, „das ni<hts anderes war als die Revolution aus Prinzip mit der konſtitutionellen Monarchie als Organ“, zum großen Mittler zwiſhen dem Könige und der Nationalverſammlung werden können ; was ihn von beiden trennte, wußte niemand beſſer als er, wenn er ſi< einmal als den Mann der Ordnung, aber als den Todfeind der alten Ordnung einführte. Die eigenen Parlamentsfollegen verhinderten dur< einen Be\<luß, daß er Miniſter wurde, und die Königin ließ ſi<h nur darum mit ihm ein, „um das Scheuſal zu fangen oder zu vernihten“. Unbeſtehlih in ſeinem Charakter, aber bei ſeinen Sulden niht unempfängli< für einen Gnadengehalt vom Hofe und in ſeiner Politik machiavelliſtiſ<he Mittel niht verſ<mähend, fonnte er ſi auf keiner Seite auf die Dauer unbegrenzte