Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Die Preſſe na< dem 9. Thermidor. 7

\<üſſe erhoben wurden, ließ Marat*) im Pantheon beiſezen, und war ver Freilaſſung und Wiederaufnahme der drei und ſiebenzig Mitglieder der Rechten, welche gegen den 2. Junius 1793 proteſtirt hatten, entge= gen. Die öffentliche Meinung mußte ſi entſchiedener als bisher gegen den Terrorismus ausſprechen, um der ſhwankenden und für ſi ſelbſt beſorgten Majorität den Muth zu einem rü>ſichtsloſen Einſchreiten ge= gen die Ueberreſte des Robespierre' ſchen Anhanges zu verleihen.

Es ward dies zum Theil dur die Preſſe erreicht, welhe na< dem 9. Thermidor erſt thatſächli< und dann geſetzli frei wurde. Seit dem 10. Auguſt 1792 war ſie durchaus gefeſſelt geweſen, und der Zakobinis= mus allein hatte in ihr ſeine Stimme erheben können. Jetzt wurden in oielen Blättern, beſonders aber in Tallien's „Ami des citoyens“ und Freron's „Orateur du Peuple“ — die Terroriſten, als Partei und als Einzelne, auf das Heftigſte angegriffen. Von da aus gingen die Aus= vrüde: „Buveur de gang — chevaliers et furies de la guillotine“ in die Volksſprache über, und trugen dazu bei , das Schre>ensregiment in ein angemeſſenes Licht zu ſtellen. Bald wurde die Bezeichnung : „Terreur“ und „Terrorsite“ in einem eben ſo gehäſſigen und verächtlichen Sinne angewandt, als ſie vorher furchtbar geweſen war. Die Anhänger der Robespierre'ſhen Grundſätze ſuchten ſich ebenfalls auf die Preſſe zu ſtübßen. Chales gab den „Ami du Peuple“ — Babeuf den „Tribun du Peuple“ — heraus. Aber die öffentlihe Meinung war ihnen entgegen, und ſie erlagen unter den Streichen ihrer Gegner. Es wurden außerdem eine große Menge von Broſchüren, wahre und erdichtete Enthüllungen über die Schre>ensherrſchaſt enthaltend, bekannt gemacht, welche den Una willen des Publikums über den erlittenen Dru> entflammten. Es er= ſchienen auch viele Lieder**) und Karrikaturen, in welchen die Jakobiner auf eine, zuweilen zügelloſe und unanſtändige, aber immer beißende und witzige Weiſe verſpottet wurden. Das Theater betheiligte ſich ebenfalls an dieſem Kampfe. Es fehlte niht an Stü>ken, in welchen Robespierre

#) Der Konvent benußte eine Verhinderung dur dringende Geſchäfte, um #< der ſchon zugeſagten Anweſenheit bei dieſer Feierlichkeit zu entheben, und ward dabei nur von einer Deputation von ſe<s ſeiner Mitglieder vertreten, wohnte dagegen (am 11. Oktober 1794) in ſeiner Geſammtheit der Beiſetzung Rouſſeau's im Pantheon bei.

#*) Beſonders wurden die Epigramme eines gewiſſen Martainville, der vor dem Revolutionstribunal ſeinen Kopf dur ein unerſ<ro>tenes Witzwort gerettet hatte, bemerkt. Derſelbe war viele Jahre nachher, unter der Reſtauration, Hauptxedakteur des „Drapeau blanc.“