Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Beſtimmungen über das Herzogthum Warſchau. 251

Mit den Unterhandlungen über Sachſen waren die in Betreff des Herzogthumes Warſchau Hand in Hand gegangen. Anfänglich hatten England und Oeſterreich die Wiederherſtellung eines unabhängigen Polens, mit einer eigenen Dynaſtie an der Spibe, gewünſcht. Oeſterreih wäre geneigt geweſen, zu dieſem Zwe> Gallizien, das ihm bei der erſten Thei-

lung zugefallen, herauszugeben. Dieſer Plan war aber niht wohl ausführbar, da Rußland für ſeine im Kampfe gegen Napoleon gemachten Anſtrengungen nur innerhalb des Gebietes des alten Polens entſchädigt werden fonnte, was mit einer Unabhängigkeitserklärung deſſelben unver= einbar geweſen wäre. Der Kaiſer Alexander beſtand aber auf dem Beſitz des Herzogthumes Warſchau, und verſprach, es nit nur zu einem Köz nigreih mit Verleihung einer freien Verfaſſung zu erheben, ſondern auh die altpolniſchen, zu Rußland geſchlagenen Provinzen mit demſelben wie= der zu vereinigen. Wenn Rußland den ungetheilten Beſiß des Herzog= thumes Warſchau verlangte, ſo konnte Preußen die Einverleibung ganz Sachſens nicht aufgeben. Nach mehrmals in Sto>en gerathenen Unter= handlungen ward endlich eine Ausgleichung gefunden. Rußland erhielt das Herzogthum Warſchau, der Kaiſer Alexander nahm den Titel eines Königs von Polen an, ertheilte ihm eine von ſeinen übrigen Staaten unz abhängige Organiſation, trat aber zugleich ven weſtlichen Theil dieſes Herzogthumes an Preußen ab, der unter dem Namen Großherzogthum Poſen mit der preußiſchen Monarchie vereinigt wurde. Auf dieſe Art hatte der Kaiſer Alexander im Weſentlichen ſeinen Zwe> erreicht, und zugleich war die fehlende Entſchädigung für Preußen ermittelt worden. Rußland gab außerdem die im Frieden von Wien 1809 von Oſtgallizien abgeriſſenen Gebiete und die Salzwerke von Wieliczka an Oeſterreich zurü>. Preußen und Oeſterreich maten ſi, auf Englands Veranlaſſung, anheiſchig , die polniſche Nationalität in den ſie betreffenden Provinzen durch dieſelbe berüfſichtigende Einrichtungen zu ſchüßen. Preußen hatte außerdem no< die einſt unter polniſhem Schuß geſtandenen Städte Danzig und Thorn erhalten.

Die alte Königsſtadt Krakau , über deren Beſiß ſi< Rußland und Oeſterreich nicht einigen konnten, ward in einem Vertrage vom 3. Mai 1815 zu einem Freiſtaat unter preußiſchem, öſterreichiſhem und ruſſiz ſchem Schutze erklärt und demſelben eine angemeſſene Verfaſſung verliehen, die aber in ihrer Wirkſamkeit von den Reſidenten der drei Mächte be= ſtändig beaufſichtigt wurde.

Die Gründung eines Königreiches Polen, in den engen Gränzen, vie ihm 1815 vorgezeichnet wurden, die Gewährung einer fonſtitutionellen