Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Napoleon's Gründe zur Rückehr nah Frankreich. 267

Alles entſchieden zu ſeinen Gunſten aus, und räumte dieſen Verhält= niſſen in ſeiner Berechnung eine größere Bedeutung ein, als ſie wirkli beſaßen. Ex überſah die Demüthigungen, welche ſo viele Fürſten, die Drangſale, welche ſo viele Völker von ihm erfahren hatten, und die Erbitterung, die eine neue Schilderhebung von ſeiner Seite hervorrufen würde. Er glaubte, nah der Kunde, die ihm über die Unterhandlungen in Betreff Sachſens und des Herzogthumes Warſchau zugekommen, Rußland und Preußen bereit, gegen Oeſterreich, Frankreich und England in die Schranken zu treten, während ihre Streitigkeiten ſhon vor ſeiner Anz kunft in Paris beigelegt waren. Napoleon hoffte auf die frühere Freund=ſchaft und Bewunderung des Kaiſers Alexander für ihn, als ob dieſe niht von dem Brande Moskau's verzehrt worden wäre; auf die Ver= wandtſchaft mit dem Kaiſer Franz, als ob eine ſolche die politiſchen In= tereſſen der Souveraine und Staaten beſtimmte. Er wollte in den Bez völferungen Ztaliens, Belgiens, des linken Rheinufers, Polens Bundes= genoſſen für ſeine Sache erkennen, ohne zu bedenken, daß er dieſe Alle früher mehr oder weniger getäuſcht hatte, oder daß ſie nicht in der Lage waren, ihre Geſinnungen bethätigen zu können. Seine Phantaſie, nebſt ſeinem mathematiſchen Genie, der herrſchende Zug in ſeinem Weſen, ließ ihn die Dinge ſo anſehen, wie ſie mit dem Plan, der einmal feſt in ihm ſtand, am beſten übereinſtimmten.

Im Grunde galten ihm, außer ven Bourbonen , die er für hülf= und wurzellos in Frankreich hielt, nur zwei Mächte, England und Preufeen, für unverſöhnlich gegen ihn. Dieſe hoffte er zu beſiegen, die anderen durch Verſprechungen hinzuhalten, zu gewinnen, und ſo den großen Bund zu theilen. Mit dem Weſel der politiſchen Kombinationen, der Selbſtz ſucht der Höfe und Regierungen aus eigener Erfahrung vertraut, ſchien ihm eine ſolche Veränderung wohl möglich zu ſein.

Was Napoleon's Entſchluß beſchleunigte, war die ihm dur ſeine Kundſchafter zugekommene Nachricht, daß die in Wien verſammelten Mi= niſter, auf Talleyrand's Veranlaſſung, ſi über die Nähe ſeines Aufent= haltsortes zu Frankreich und die ſich daran knüpfenden Gefahren zu bez unruhigen anfingen, und ihn von Elba nach der Inſel Ponza, an der Weſtküſte des Königreiches Neapel gelegen, oder nah den Azoren bringen laſſen wollten. Ob begründet oder nicht, dieſe Ausſicht dünkte ihm ſ{limmer als der Tod. Wahrſcheinlich würde er aber auch ohne ſolche Befürchtung das große Wageſtü> unternommen haben. Die Unthätig= feit und Langeweile eines beſhränkten Daſeins mußte Dem unerträglih