Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

268 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

werden, der ſo lange an die freieſte und größte Entwi>elung ſeines Willens und ſeiner Kraft gewöhnt geweſen.

Eine eigentliche Verſ<wörung zu Gunſten des verbannten Kaiſers beſtand niht. In Paris verſammelten ſich ſeine Anhänger allerdings häufig bei ſeiner Stieftochter Hortenſia, der ehemaligen Königin von Holland, jeßt Herzogin von St. Leu genannt, bei Maret, Herzog von Baſſano, Savary, Herzog von Rovigo, bei dem Grafer Lavalette, dur ſeine Gemahlin mit der Kaiſerin Joſephine verwandt, unterhielten ſi< mit Gleichgeſinnten über die Fehlgriffe der bourbon'ſchen Regierung, die Stimmung des Heeres und Volkes, die großen Erinnerungen, die Napoleon zurüc= gelaſſen, und theilten ſi ihre Hoſfnungen auf eine Wendung der Dinge mit, dies Alles aber ohne einen beſtimmt angenommenen Plan. Es war dies auch niht nöthig. Die Verſchwörung ſ{<webte, ſo zu ſagen, überall in der Luft, und ward, nirgends ſichtbar, allgemein gefühlt. Wie ſo oft, ahnten au diesmal Die von der Gefahr am wenigſten, die von ihr am meiſten bedroht waren. Die königliche Familie, der Hof, die royaliſtiz ſche Geſellſchaft lebten in gewohnter Weiſe fort, und verließen ſich auf die Armee und die Napoleon’ ſchen Generale, die gerade zu ihren entſchiedenſten Gegnern gehörten.

Bei Napoleon in Elba befand ſich die ſchönſte und gefeierteſte unter ſeinen Schweſtern, Pauline Borgheſe, und ſtand in ununterbrochener Verbindung mit ihren Freunden und Bewunderern in Frankrei<h und Italien. Sie begab ſi< während diefer Zeit mehrmals na<h Italien, wo no< Murat regierte, und ſöhnte dieſen mit Napoleon aus. Murat, der wußte, daß der Wiener Kongreß, beſonders auf Talleyrand’s Betrieb, auf ſeinen Sturz hinarbeitete, war bereit, ſeinen Shwager mit ſeiner ganzen Macht zu unterſtüßen. Vergebens ward ihm von dieſem der Nath ertheilt, niht eher loszubrechen, als bis Napoleon ſelbſt den Kampf gegen die gemeinſamen Feinde begonnen haben würde, um dieſelben dann auf zwei Seiten zu beſchäftigen. Murat ging auf Alles ein, aber ſein natürlicher Ungeſtüm, ſein Mangel an Klugheit und Vorausberehnung vereitelten den gefaßten Plan.

Napoleon hatte ſeine Vertrauten in Paris benachrihtigen laſſen, daß er den 1. April Elba mit ſeinen Truppen verlaſſen werde. Sei es, daß ihm der Drang , ſih wieder des Thrones zu bemächtigen , keine längere Nuhe ließ, oder daß er eine Entde>ung ſeiner Abſichten und Vorſichtsmaßregeln von Seiten der franzöſiſchen Regierung fürchtete, plözlih befahl er am Ende eines Balles, dem er bei ſeiner Schweſter Pauline mit heiterer