Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Konſtitutionelle und Republiianer zu Napoleon. 279

Napoleon beſeßte ſein Miniſterium, feinen Staatsrath, die militaiz riſhen und adminiſtrativen Stellen großentheils mit denſelben Män=nern, die ihm vor ſeiner erſten Entſagung gedient hatten. Aber dieſe Ernennungen hingen niht mehr einzig von ihm ab, wie dies früher der Fall geweſen. Sein erſter Sturz hatte nicht gerade vie Meinung über ſeine große Perſönlichkeit, aber das Vertrauen auf ſein Glück und die Furcht vor ſeiner Gewalt ſehr vermindert. Abgefehen von dem in den höheren und mittleren Klaſſen zahlreich vertretenen Princip der Legitimität, das gegen Napoleon unverſöhnlich war, fo regten ſi in dem einflußreichen Theile der Nation vornehmlich zwei Parteien, die Napoleon niht von Hauſe aus verwerfen, ſondern zu ſeiner Anerkennung uud Unterſtüßung geneigt waren, aber unter der Bedingung, daß er ſi ihneu anſhloß und thre Zwecke beſörderte. Es waren dies die Konſtitutionellen und Nepublifaner, von denen Erſtere dur< Benutzung des von Ludwig XVIIL verliehenen Grundgeſeßes zahlreich und mächtig geworden, Lebtere aber nach dem Fall Deſſen, der die Revolution erdrü>t hatte, ihre Meinungen wiederum geltend machen wollten. Bon den Konſtitutionellen waren die Vortheile einer freien Verfaſſung unter der erſten Reſtauration ſchnell begriffen worden, und ſie der Willkührherrſchaft Napoleon's und ſeinem Anſpruch, ſi als den alleinigen Schiedsrichter über das Schi>kſal Frank= reichs hinzuſtellen, aus Ueberzeugung und Erfahrung entgegen. Sie hofften , daß der große Despot , durch die Kataſtrophe von 1814 belehrt, ſich fortan in verfaſſungsmäßigen Gränzen halten würde. Im entge= gengeſetzten Falle waren ſie ihn aufzugeben, und, je nah den Umſtänden, für die Nükehr Ludwig XVII, oder die Berufung des Herzoges von Orleans auf den Thron zu wirken entſchloſſen. Zu Gunſten dieſes Prinzen hatte ſi< im Anfange des Jahres 1815 eine MilitairverſhwÖö= rung im Norden Frankreichs gebildet, au deren Spibe die Generale Lez febvre=- Desnouettes und Lallemand geweſen , die aber im Entſtehen vers eitelt, und dur Napoleon's Landung in Vergeſſenheit gekommen war. Dié Republikaner, großentheils aus den Ueberreſten der erſten Nationalverſammlung und des Konvents beſtehend, glaubten nicht, daß es Napoleon möglich ſein würde, ſein früheres Regierungsfyſtem wiederherzuſtellen, und ſeine Dynaſtie zu befeſtigen. Sie ſahen ihn als eine iſolirte Größe an, nah deren Verſchwinden die Republik in ihre natürlichen Rechte zurüctreten würde. Ein aus dem Volkswillen hervorgegangener Kaiſer erſchien ihnen abex in jenem Augenbli> zur Beſeitigung der Legitimität nöthig. Obgleich von den Konſtitutionellen grundſäßlich verſchieden, waren ſie zum Anſchluß