Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

280 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

an dieſelben geneigt, wenn Napoleon wieder mit abſolutiſtiſhen Tendenz zen hervortreten ſollte.

Die beiden wichtigſten Miniſterien in jener Epoche waren die des ÎDunern und der Polizei. Unterhandlungen mit den auswärtigen Mäch= ten waren erſt nac davon getragenen Siegen möglih. In Bezug auf das Kriegsweſen bedurfte Napoleon nur eines Gehülfen, da er hier über= all ſelbſt eingreifen konnte. Aber zur Leitung des öffentlichen Geiſtes in den Departements und zur Veberwacung der erklärten und geheimen Gegner des Kaiſers reichte deſſen perſönliche Einwirkung nicht aus. Er brauchte hierzu Männer, welche der Revolution Bürgſchaften geleiſtet, und von den jezt herrſchenden politiſchen Parteien angenommen werden konnten. Denn Konſtitutionelle und Republikaner ſahen Napoleon nux als einen Schild für ſie gegen das Ausland und die Bourbonen an, wa= ren ihm aber feinesweges um ſeiner ſelbſt willen zugethan. Napoleon übertrug das Miniſterium des ZJunern an Carnot, der, früher ſein entſchiedener Gegner, 1814 bei der Gefahr, in welcher Frankreich ſich bez fand, die Vertheidigung von Antwerpen übernommen, und ſi dabei ausgezeihnet hatte. Carnot hatte im Konvent für den Tod Ludwig XVL.

“ geſtimmt, und war, ſonderbar genug, fo ſehr von der Rechtmäßigkeit diez ſer Handlung überzeugt, daß er die Reſtauration ohne Beſorgniß für ſi, ſelbſt ohne Abneigung gegen dieſelbe betrachtet, und Ludwig XVII. in einer eigenen Denkſchrift ſogar Rathſchläge über ſeine Regierungsweiſe mitgetheilt hatte. Die Mißgriffe des Hofes hatten ihn in ſeine früheren Meinungen zurü>geworfen. Carnot drang bei Napoleon auf eine bal= dige Einberufung der Kammern, auf eine Reform der Konſtitution in liberalem Sinne, und wirkte in dieſer Abſicht bei den Wahlen zu den General= und Kommunalräthen, der Officiere in der Nationalgarde und bei der Anſtellung der Beamten ſeines Reſſorts. Carnot ſtand damals bei allen Parteien in großem Anſehen, und ſelbſt Napoleons Menſchenver= achtung mate mit ihm eine Ausnahme. Ein feſter und erfahrener Mann, fehlte es ihm jedo< an einer gewiſſen Weite und Schärfe des Blies. Ex überſah die faſt unüberwindlihen Schwierigkeiten, die einer Fortſebung des Kaiſerreiches entgegenſtanden, und täuſchte ſih vornehmli über zwei Dinge, einmal, indem er im Falle eines Krieges das Wie= deraufleben der ſtürmiſchen Kraft von 1792 und eine Bewaffnung der Nation in Maſſe, und dann, indem er èine aufrihtige Bekehrung des Kaiſers zu den Îdeen einer beſchränkten Monarchie für mögli hielt. Aber entweder unterlag Napoleon im Kampfe mit den verbündeten