Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Carnot. — Fouché. 281

Mächten, und dann wax ſeine Rückkehr von Elba nichts als ein neuer blutiger Aft in der Tragödie der franzöſiſchen Revolution, oder er ſiegte, und dann würde er mit Hülfe der Armee und mit Zuſtimmung der un= teren Volfsklaſſen den Despotismus im Innern wiederhergeſtellt, und Konſtitutionelle und Republikaner in den Hintergrund gedrängt haben. Carnot war in jener Zeit, ohne ſeine demokratiſchen Grundſäge aufzu= geben, ſo ſehr von Napoleon's Nothwendigkeit für Frankreich überzeugt, daß er, ein Mitglied des Wohlfahrtsausſchuſſes und Richter Ludwig XVTI,, von ihm den Grafentitel annahm. Er glaubte dadur< einen Beweis geben zu müſſen, daß er in ihm den rehtmäßigen Souverain des Landes anerfannte.

Ein Mann von ganz entgegengeſettem Charakter, eben ſo beweglich und treulos als Carnot feſt und zuverläſſig war, Fouché, Herzog von Otranto, erhielt von Napoleon das Polizeiminiſterium. Dieſe Proteus= uatur hatte die verſchiedenſten Geſtalten augenommen, war Mönch, Zafobiner , Konventskommiſſarius und zulegt einer der Großen des taiſerz lichen Hofes geweſen. Fouché hatte für den Tod Ludwig X VT. geſtimmt, und der Kaiſer es ſeiner Politik für angemeſſen gehalten, in ſeinem Mini= ſterium, im Senat und Staatsrath einige Mitglieder der Partei zu be= figen, von welcher der neuen Ordnung der Dinge dieſes blutige Pfand eines unauflöslichen Bundes mit ihr gegeben worden. Während der Schreenszeit mit mancherlei Freveln befle>t, dann aber Robespierre verdächtig geworden, hatte Fouché nah dem Untergange dieſes Demagogen ſich immer zu Denen gehalten, welche die Anarchie bekämpften, und ſih vom 18. Brumaire an Napoleon angeſchloſſen, um unter ihm, wie ſo viele andere Jakobiner, die Früchte der Revolution zu genießen, ohne deren Gefahren ausgeſetßt zu ſein. Zweimal von Napoleon wegen ge= heimer Räuke entlaſſen, hatte er do< immer ſeinen Titel, ſeine Reichthü= mer und einen gewiſſen Einfluß behalten. Fouché, mit allen Triebrädern der franzöſiſchen Politik ſeit zwanzig Jahren , mit der Geſchichte der her= vorragenden Perſönlichkeiten und der inneren Lage der Parteien wie we= nige Andere bekannt, war wegen ſeiner entſchiedenen Gewiſſenloſigfeit zugleich ſo gefährlich, daß ſelbſt Napoleon's furchtloſer Sinn ihn geſcheut, und obwohl er ihn haßte, verachtete, von ſich entfernt hielt, ihn doh nie dur gewaltſame Maßregeln zur Verzweiflung zu bringen gewagt hatte, Fouché, der ſeine verwerflichen Eigenſchaften dur< keinen großartigen Zug in ſeinem Weſen, wie ſo mane ſeiner Zeitgenoſſen , einigermaßen aufwog, war, obgleich er Napoleon viel verdankte, im Stillen immer ſein Feind geweſen , und hatte ſi ihm nur gezwungen untergeordnet. Nach