Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

299 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

fahren, brach er, ſelbſt bevor dieſer no< in Paris angek ommen, los. Ex theilte ſeine Streitkräfte in zwei Abtheilungen. Zwölftauſend Neapo= litaner beſeßten Rom, das der Pabſt verlaſſen hatte, und mit dreißigtau= ſend Mann rü>te Murat ſelbſt gegen Ankona vor. Die öſterreichiſche Macht war der ſeinigen bei Weitem überlegen. Der öſterreichiſche Ober= general Frimont ſtand mit 60,000 Mann am Po, und General Nugent hatte einen Theil von Toskana beſetzt. Am 30. März erließ der König von Neapel von Rimini aus eine Proklamation an die Völker Italiens, worin er ſie zur Ergreifung der Waffen, um die Unabhängigkeit und Einheit ihres Landes zu erkämpfen, aufforderte, und ihnen zur Erringung dieſes Preiſes ſein Schwerdt anbot.

Der Theil des neapolitaniſchen Heeres, den Murat ſelbſt befehligte, {lug die Oeſterreicher bei Bologna, wobei er ſih, wie immer, dur< ſeine perſönlihe Tapferkeit hervorthat. Er nahm Modena ein, deſſen Herzog die Flucht ergriff. Aber während er ſelbſt gegen Norden vordrang, wurde ſein zweites Korps von den Deſterreichern unter Neipperg aufgehalten, und befand ſi< von ihm durc einen weiten Zwiſchenraum getrennt. Er befahl dieſen Truppen , Florenz zu verlaſſen, und ſi<h mi ihm bei Ankona zu vereinigen , wohin er ſi ſelbſt von Bologna zurü>zuziehen beſchloß. Aber die Erhebung der Bevölkerung gegen die Oeſterreicher, auf welche der König von Neapel gerechnet , erfolgte nirgends. Einige hundert junge Leute aus den gebildeten Klaſſen, meiſt Studirende, waren allein ſeinem Rufe gefolgt. Er gewahrte, daß er unter ſolchen Umſtänden zu ſhwa< war, um den Oeſterreichern zu widerſtehen, und wollte ſi<h den Gränzen ſeines Reiches nähern, um dort Verſtärkungen heranzuziehen. In Macerata fand er die zweite Abtheilung ſeines Hee= res, die er aus Toskana herbeigerufen. Aber auch die öſterreichiſchen Generale Bianchi und Neipperg hatten ſi vereinigt, und folgten ihm auf dem Fuße. Bei Macerata wandte ſi<h Murat gegen den Feind, und drängte ihn bis Tolentino zurü>. Hier kam es am 2. Mai zu einer Sqlacht, die unentſchieden blieb. Murat gedachte den Kampf am an-= deren Tage zu erneuern, als plößlih zwei Eilboten in ſeinem Lager ein= trafen, von denen der erſte ihm die Nachricht von einem allgemeinen Aufſtande in Kalabrien zu Gunſten des Königs Ferdinand, der andere aber die von der Niederlage ſeiner Reſerven bei Introdocco durch die Oeſterreicher, und der bedenkli<hen Stimmung der Hauptſtadt brachte, wo die unteren Klaſſen das Beiſpiel Kalabriens nahzuahmen ſi<h an= ſchi>ten. Seine Familie und Krone in Gefahr ſchend, trat er ſoglei< den Rückzug an. Die Oeſterreicher begannen jet, ihn auf allen Seiten