Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

334 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

warfen einen Antrag, der den Krieg verlängert, und Frankreich it *

den Abgrund, an welchem es ohnedies ſtand, hineingeſtoßen haben würde. Denn wenn es Napoleon auc gelungen wäre, über Blücher und Wellington für den Augenbli> einen Vortheil davon zu tragen, ſo würden die zahlloſen Streitkräfte der Verbündeten, die ſi< von allen Seiten her in Bewegung ſetzten, ihn bald erdrüct, und jeden weiteren Kampf unmögli< gemacht haben. Die in Paris verſammelten Gez nerale waren allerdings geneigt, eine Schlacht zu wagen, aber nur im Intereſſe der Integrität Frankreichs , aber niht um Napoleon's willen, den die verbündeten Mächte ein für allemal ausgeſchloſſen hatten. Es mußte jezt vor Allem jede Identificirung zwiſchen Frankreich und dem entthronten Kaiſer vermieden werden, wenn das Land nicht den äußerſten Bedrängniſſen preisgegeben werden ſollte.

Dieſe Regungen des Ehrgeizes in Napoleon hatten die Folge, daß die proviſoriſche Regierung, unter dem Vorwande des Schubes gegen die niht mehr weit von Malmaiſon entfernten preußiſchen Vorpoſten, den General Be>er mit Truppen zu ſeiner Ueberwachung abſchi>te, ihn zulebt ſogar mit Verhaftung bedrohte, und endlich ſeine Abreiſe dur<= ſezte. Seine bloße Anweſenheit in Frankreich , au< wenn er ſi ruhig verhalten hätte, wäre ein Hinderniß bei den Unterhandlungen geweſen, die man mit den Verbündeten anknüpfen wollte.

Napoleon ſchien dieſe Zeit über von den verſchiedenartigſten Ein= drücken und Entſchlüſſen erfüllt zu ſein. Bald ſprach er von einer Nie= derlaſſung in Amerika, von friedlicher Zurückgezogenheit und Landbau, dann wieder von dem Schre>en , den ſeine unerwartete Rückkehr na Paris ſeinen Gegnern verurſachen würde. Er äußerte zuweilen ſeine Zufriedenheit darüber , von der Laſt der Regierung befreit zu ſein, und glei darauf entwarf er Angriffspläne gegen die Verbündeten. Als er den Kanonendonner eines zwiſchen den Preußen und Franzoſen beginnen=den Gefehtes vernahm, blieb er ſeiner Bewegung kaum Meiſter, und wollte zu Pferde ſteigen, um den Kampf zu leiten. Faſt ohne Uebergang folgte in ihm die größte Aufregung auf die tiefſte Abſpannung. Sein Geiſt ſ{<wankte zwiſchen Entſagung und Widerſtand. Er konnte ſi< ſeines Schi>ſals niht erwehren, und doh wollte er ſi< ihm nicht unterwerfen. Aber jede thätige Rolle war ihm jezt unmögli<h geworden. Unüberwindliche Hinderniſſe traten_ihm entgegen, wohin er au< ſeine Blicke richten mochte. Die unermeßlihe Fülle von Macht und Größe, die das Glüd und die eigene Kraft ihm früher verſchafft hatte,