Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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Jakobiner handelten niht. So brach denn über Robespierre das böſe Verhängnuiß herein. -

Am 10. Thermidor (28. Juli) Morgens gegen 2 Vhr rü>ten bei Faelliht die unter den Oberbefehl des Generals Barras geſtellten Truppen des Konvents in zwei Kolonnen aufs Stadthaus los. Die eine Kolonne, von Barras ſelber kommandirt, marſchirte durch die Straße Saint-Honoré, um das Stadthaus im Rücken anzugreifen. Die andere, befehligt von Leonhard Bourdon, rü>te die Kaie entlang zum Front-Angriſſf. Wie groß war das Erſtaunen, keinen Widerſtand zu finden! Leonhard Bourdon läßt auf dem Grève-Plaze Halt machen. Hier hört er zwei Schüſſe. Er zaudert, denn er glaubt, daß die Nobespierriſten im Stadthauſe bewaffnet ſind und ihr Leben theuer verkaufen wollen.

JIndeß waren nur noch circa 50 Mann im Stadthauſe geblieben. Das Volk der Gallerien war entflohen, als das Dekret des Konvents, welhes Robespierre nebſt allen ſeinen Anhängern in die Acht erklärte, verleſen worden war. Bei der Annäherung der Truppen herrſchte unter den Leuten des Stadthauſes der wildeſte Schre>en. Lebas erſchoß ſih. Robespierre der Aeltere wollte ſi< mit einer Piſtole gleichfalls erſchießen, zerſchmetterte ſi<h aber bloß die Kinnlade und froh unter einen Tiſh. Robespierre der Jüngere ſprang aus einem Fenſter hinab und verſtümmelte ſih. Couthon wurde auf der Flucht von ſeinen Trägern weggeworfen und halbtodt am Kai Lepelletier gefunden. Nur Coffinhal gelang es heil zu entfommen und ſih drei Tage auf einer Seine- | Inſel verſte>t zu halten. Derſelbe war, als er das Stadthaus verließ, auf einem Korridor dem vor Furcht zitternden Henriot begegnet, hatte ihn am Leibe gepa>t und ihn mit den Worten : „Da, Elender, da haſt Du den Lohn für Deine Feigheit!“ aus einem Fenſter des zweiten Stocks in die Goſſe hinabgeworſen. Einzig St. Juſt erwartete gefaßt die Ankunft der Feinde. *) :

Die von Leonhard Bourdon gehörten zwei Schüſſe waren alſo von Lebas und Robespierre dem Aelteren abgefeuert worden in der Abſicht, ihrem Leben ein Ende zu machen. Nach einigem Zögern nimmt Dulac, ein Agent des Aus\chuſſes der allgemeinen Sicherheit, ‘25 Maun, darunter den Gendarmen Meda, mit ſich und marſchirt ins Haus dex Kommune, wo ſie ohne Widerſtand eindringen.

*) Der Gendarm Meda hat ſich gerühmt, er habe Robespierre geſchoſſen. Allein Bochard, der Concierge des Stadthauſes, ein Augenzeuge, hat ausdrü>lih ausgeſagt: „Gegen 2 Uhr Morgens ſagte mir ein Gendarm, er habe im Saale der Gleichheit einen Schuß gehört. Jh ging hinein und ſah Lebas am Boden ausgeſtre>t, und alsbald feuerte Robespierre der Aeltere auf ſich einen Schuß ab, deſſen Kugel fehlging und nur drei Linien weit von mir vorbeiflog. Jh wäre beinahe getödtet worden, weil Robespierre, als i< den Saal der Gleichheit verließ, auf mich ſtürzte.“ (Bericht von Courtois.)

Daß Robespierre in einem Augenbli>e, wo Coffinhal flüchtet, wo Couthon ſi< forttragen läßt, wo Robespierre der Jüngere aus dem Fenſter ſpringt und wo Lebas ſeinem Leben ein Ende macht, ſih gleichfalls hat erſchießen wollen, iſt — abgeſehen von dem Zeugniſſe des Concierge — höchſt wahrſcheinlich.