Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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wurden in Wahrheit durch eiue launiſche, leichtfertige Frau regiert. Obendrein beſaß ſie ariſtokratiſhen Dünkel und flößte in der revolutionären Kriſis ihrem Vulkan fortwährend Widerſtandsgelüſte ein. Jedenfalls hatte ſie ihn auh zu dem verunglüten Staatsſ\treiche vom 14. Juli beredet. Jn einem vom 20. Juni datirten, fehlerhaft geſchriebenen Briefe dieſer Venus kommt die charakteriſche Stelle vor: „Si on soutenait le tiers, la noblesse est écrasée à jamais, mais le royaume sera tranquille; sí le contraire arrive, on ne peut calculer les maux dont nous sommes menacés (Würde man den dritten Stand unterſtützen, ſo wäre der Adel auf immer vernichtet, aber das Königreich würde ruhig ſein; wenn das Gegentheil geſchieht, laſſen ſi< die Uebel, womit wir bedroht ſind, gar niht bere<nen).“

Wir haben dieſe kurze Charakteriſtik des Königs und der Königin geben zu“ müſſen geglaubt, damit die deutſchen ſentimentalen Leſer -in ihrer gemüthvollen Schwärmerei für Alles, was nach einem Königskittel ausſfieht, nicht etwa die Hinwegräumung des gekrönten Vulkans und ſeiner den Fortbeſtand des Adels dem Glücke des Landes vorziehenden Venus noh gar bedauern.

Jedoch ging die Hinwegräumung niht raſh vor ſich; denn die revolutionäre Kommune, welche dieſelbe zu vollziehen hatte, war erſt in ihren entfernten, ſhwachen Anfängen vorhanden. Selbſt die Pariſer waren unter der Monarchie ſo verkommen, daß ſie ſi< immer wieder unters königliche Joch fügten. ”

Voll Unmuth ſchrieb Marat: „Paris iſt das Sumpfloch aller Laſter, und dennoch beanſpruchen ſeine Einwohner frei zu ſein. Ach nein, damit dürfen ſie ſih niht ſchmeicheln! Um frei zu ſein, braucht's Aufklärung, Muth, Tugenden. Unwiſſende, frivole, feige, kriehende Menſchen, welche der Verſhwendung, der Verweichlihung, dem Vergnügen, dem Spiele, der geſchle<tlihen Ausſhweiſung hingegeben ſind und deren Führer ein verrottetes Herz haben, ſind troy ihres dummen Brüſtens dazu beſtimmt, Sklaven zu ſein.“

Als Ludwig XVT. am 17. Juli in Paris erſchien, hatte ſeine Kutſche vom Playe Ludwig's XV. bis zum Stadthauſe dur<h die in Reihe und Glied aufgeſtellte Nationalgarde zu paſſiren. Die NationalGardiſten, bewehrt mit Flinten, Piken, Lanzen, Senſen und Stöen, ſchienen anfangs no< mürriſh und ließen nur den Ruf: „Es lebe die Nation !“ hören ; als aber der König aus der Kutſche ſtieg und von dem neuen Maire die blau-roth-weiße National - Kokarde, das neuerfundene Farbenſpielzeug der National-Garde, empfing, da waren ſie vom Schauſpiel gerührt und ſchrien mit alter Dummheit: „Es lebe der König !“

Der neue Maire paßte zu ſeinem neuen Amt; denn er wußte dem Volke den Sand monarchiſtiſher Schönrednerei in die Augen zu werfen. Jn der Anſprache, die er an Ludwig hielt, ſagte er: „Heinrih der Vierte hatte ſein. Volk erobert ; hier hat das Volk ſeinen König zurücerobert.“

Der König nahm ſi< heraus, den dur einen Aufſtand, alſo nicht durch königliche Gnade geſchaffenen Pariſer Maire, ſowie den Komman-