Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

Die Blickrichtung (Tabelle 4)

Die Blickrichtung ist eine der zuerst bekannt gewordenen und beschriebenen Kategorien der Blickeinstellung, wohl auch deshalb, weil sie, über das Kontaktmoment hinaus, noch eine im nachstehenden dargelegte symbolische Bedeutung hat.

Gelegentlich blickt wohl jeder unzählige Male geradeaus vor sich hin, auf seine Mitmenschen, zur Seite, in die Höhe und zu Boden. Schon in der Einleitung aber wurde (Rosl IV, 5) darauf hingewiesen, daß es nicht gleichgültig ist, in welcher Stellung und Haltung und mit welcher Blickrichtung eine Photographie am besten gelingt. In der Ruhe oder in der gewohnten Tätigkeit blickt man die Menschen entweder an oder weicht ihnen aus. Sicherlich stellt der gerade Blick bei gerader Haltung die eigentliche Kontakteinstellung des Blieks der Richtung nach dar. Aber die Kontaktlockerung kann nach verschiedenen Seiten hin geschehen, und sie kann just in der Suche nach Kontakt mit einer inneren Welt bestehen, die symbolisch vielleicht oben am Himmel oder unten als unheimlich anziehender Abgrund gesucht wird. Dann eben gewinnt der Blick die oben erwähnte symbolische Bedeutung, nach Art dessen, was Klages das persönliche Leitbild für den Ausdruck eines Menschen nennt.

Hervorgebracht wird die Einstellung des Augapfels in eine gewisse Richtung durch Muskeln, die wir noch nicht beschrieben haben, weil sie nicht unter der äußeren Gesichtshaut, sondern tief in der Augenhöhle liegen und am Augapfel selbst ansetzen: die sechs eigentlichen Augenmuskeln (vier gerade und zwei schiefe), die dem Auge die außerordentliche Beweglichkeit nach allen Richtungen verleihen (Fig. 22), indem sie nach drei Dimensionen antagonistisch gegeneinander spielen können: nach oben-unten, nach rechts-

links und im Kreise umherrollend.

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