Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

die sowohl für Konstitutions- wie auch für Rassentypen überaus kennzeichnende Gestaltung von Backenknochen und Unterkiefer auf zulässige Weise zur Charakterdeutung heranziehen. Kautonus stark

Wenn wir an den Körperformen urteilen dürfen, so werden wir hier sowohl Jochbeine als auch Unterkiefer wohl entwickelt finden. Rassenmäßig ist diese Formation hauptsächlich bei primitiveren Rassen, z. B. Negern heimisch, konstitulionell bei dem athletischen Typ.

Starke Kinnladen verraten also derbes Zupacken bis zur Rücksichtslosigkeit, ja Brutalität (Al Capone XVI, 8), aber auch geistige Durchschlagskraft (Baldwin XIV, 5). Auch bei weiblichen Köpfen läßt eine solche Kinngestaltung auf irgend einen derben Charakterzug schließen (Dreigroschenoper XI, 4). Bei Wedekind (VIII, 5) spiegelt der energische Kautonus die Rücksichtslosigkeit des Lebenskampfs dichterisch auf ähnliche Art wieder wie der scharf abgedeckte Blick. Nicht zuletzt trägt zu dem imponierenden Eindruck der Goethe’schen Physiognomie bei, daß neben allen Zügen höchsten Geistes die ausladenden Kiefer mit ihrem reichen Wangengelände auch eine tiefe Vertrautheit mit dem materiellen Erdenstoff verkünden, mit Arbeitsfreude, Tüchtigkeit und sogar einem Zug von Derbheit, die jeder Zimperlichkeit abhold ist (II, 1—5, Fig. 45).

Kautonus mittel

Rein körperlich können hier Jochbeine und Unterkiefer in mäßigen Grenzen recht gut entwickelt sein, wie etwa allgemein bei den Dicken, Rundlichen und der ostischen und fälischen Rasse. Ein solcher mittlerer Kautonus deutet dann ebenfalls auf Derbheit, aber nicht so sehr im aktiven Zupacken als im beharrlichen Erwerben, in tüchtiger Arbeit,

180