Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

sammen und mit dieser letzteren tritt der Eckzahnmuskel (M. caninus) in den Kreis unsrer Betrachtungen ein. Er findet, etwas gegen die Lippenmitte, schon die beiden natürlichen Aufwölbungen der Oberlippe vor und zieht sie flach auseinander. Man sieht, der saure Zug ist tatsächlich eine kombinierte und antagonistische Mundspannung.

In der Bedeutung des sauren Zuges können wir zwei Abarten unterscheiden, je nachdem, ob der Unlustcharakter des Reizes oder aber seine- Bewältigung im Vordergrund steht, je nachdem also ob die Abdeckung des Kontakts mehr nach der negativen oder der positiven Seite geht. Die Abwehrgeste des sauren Mundes überwiegt bei dem unentschlossenen Kinde (I, 3), das den sauren Apfel vor sich sieht. Das Lächeln der Verlegenheit Mosers (XIV, 3) ist ebenfalls säuerlich gefärbt. Und in „Dreigroschenoper” (XI, 4) grenzt die saure Verziehung des Mundes, die die Verbreiterung der beiden mittleren Oberlippenspitzchen trotz der Schminke deutlich zeigt, schon an den schmerzlichen Zug.

Hingegen deutet eine leicht säuerliche Beimischung im positiven Sinne auf Bewältigung von Schwierigkeiten, auf Überwindung und Willenskraft bei Spinoza (Fig. 25), aber auch bei unsrem Modell Michaela (IV, 1, 2) und bei Lina (IV, ?).

Der bittere Zug

Der bittere Geschmack trägt ursprünglich Unlustcharakter und demgemäß sind beim bitteren Zug die Mundwinkel abwärts gerichtet, die verlängerten Mundfurchen sind vertieft. Die Lippenschweifung zieht sich noch mehr auseinander als beim sauren Mund und vereinfacht sich zu einem Bogen nach unten.

Der bittere Zug ist nicht mit der Unluststellung der herabgezogenen Mundwinkel und der Murrstellung zu verwechseln. Zwar sind wie bei der Murrstellung die Mundwinkel

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