Giorgiones Geheimnis : ein kunstgeschichtlicher Beitrag zur Mystik der Renaissance

dennoc jene eigentümliche Verbindung, in der alles Kultishe und Ordensmäßige mit der scheinbar nüchternen wissenschaftlichen Belehrungstendenz bei den Akademikern der Frührenaissance stand.

Offenkundiger ist ein halbwegs gnostischer Sektencharakter bei der römischen Akademie des Pomponius Laetus. Paul Il. nahm, ob mit, ob ohne Recht, eine Verbindung der „Philosophen” mit den ketzerishen böhmischen Brüdern an, von denen wir wissen, daß sie sich „juxta gradus laborum“, in die drei Grade der Incipientes, Proficientes und Perfectigliederten. Er warf ihnen unerlaubte Beziehungen zu den Mohammedanern vor, deren Bedeutung auch in der alchemistischen Überlieferung wir erwähnten und erließ 1468 einen Verhaftungsbefehl gegen das Haupt der römishen Akademie Pomponius Laetus und etwa 20 Poeten und Philosophen. Auch Platina, Leon Battista Alberti und andere wurden als platonische Akademiker in Bann getan. Man ist im allgemeinen geneigt, diese Verfolgungen, wie sie dann Paul I. wieder energischer aufnahm, nur mit den humanistisch ardhäologischen Bestrebungen und einer skeptisch heidnischen Freigeisterei in Verbindung zu bringen, und man vernachlässigt jene schließlich auch von Olschki anerkannte Tatsache, daß die Akademien der Frührenaissance Pflegestätten einer nicht etwa skeptischen, sondern gnostisch-mystischen Religionsvermischung mit einem entsprechend symbolischen Kultus gewesen sind. A.v. Reumont ”)spricht denn auch nachdrücklich von den oft verborgenen Tendenzen der italienischen Akademien, die er als Geheimbund bezeichnet und in dem Kollegium der Akademie des Pomponius Laetus vermutet er heidnische Riten. Gregorovius,**) dem sih L. Pastor ”°) anscließt, drückt es noch deutlicher in unserm Sinne aus, wenn er den Akademien die Form einer „klassischen Freimaurerloge” zuspricht. Das alchemistisch-astrologische Element, wie es sich in der maurerischen Tradition so merkwürdig mit den Vorstellungen des Bauhüttenwesens und der Geometrie verbindet, spielte wie in der Naturphilosophie so auch in dem Sinnbilderschatz der Akademiker eine gewisse Rolle. Man beachte, wie sich Bezeichnungen aus der „maurerischen” Bauhüttensymbolik, wie z. B. „großer Baumeister der Welt” „Tempel” und ähnliche geradezu häufen bei Männern wie Ficinus, Pico, Pletho,

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