Giorgiones Geheimnis : ein kunstgeschichtlicher Beitrag zur Mystik der Renaissance

Laetus, Marsus u. a. In der frühen Akademie von Venedig, die Kardinal Bessarion begründete, haben Kabbalisten wie Reuclin, Astrologen wie Regiomontanus und Gauricus, gewiß in ähnlicher Richtung gewirkt. Die Beziehungen zu Deutschland einerseits, wo Paracelsus, Agrippa, Reuchlin, Trithemius und das ganze Adeptenwesen mit seinen Geheimbünden blühte, und zum Orient anderseits mußten gerade hier, wiesie die Pflegeder „scientiae occultae“ allgemein förderten, so auch auf die geistige Haltung der Akademien ganz besonders einwirken, obschon jedenfalls die spätere, von Aldus begründete „Neakademie”, wie Keller nachweist, schon kirchlich protegiert und darum „ungefährlich” gemacht worden war, und obschon uns über ein Ritual bei den Versammlungen in Murano u. a. O. nichts verraten wird. °°) Immerhin deutet manches auf kultische Verhältnisse hin.

Im Statut der Aldus-Akademie wird ein Presbyter erwähnt (Ältester); \ "Osvnu£teoog leoevc begegnet uns hier und isgongesing (Ehrwürdiger) erscheint als Titel und Anrede. Aufschlußreicheres ist uns über die ältere Akademie des Pomponius Laetus in Rom bekannt. Wir wissen von geheimen Versammlungen mitternachts in einem von Laetus gegründeten „Museum” oder Musentempel, der mit Kunstwerken und Altertümern geschmückt war. Daß solche Museen von Mitgliedern der Akademien — wir finden so viele Künstler unter ihnen — mit Gemälden ausgestattet worden sind, die zum Lehrinhalt und Ritual in Beziehungen standen, ist mindestens nicht unwahrscheinlich. Nichtselten scheinen die Versammlungen aud, unter äußerst beziehungsreichen romantischen Umständen, in denhalbvergessenenaltchristlichen Katakomben stattgefunden zu haben und Ludwig Keller bemerkt mit Recht, wie auffällig es ist, daß uns die Akademiker gerade über die Katakomben nichts Archäologisches hinterlassen haben, während man sonstjeder neu entdeckten Inschrift zujubelte. Die Versammlungen in den Katakomben hatten also wohl kryptischen Charakter und einen kultischen Einschlag, vielleicht fühlte man sich den verfolgten frühen Christengemeinden verwandt, wenn man sich ebenfalls in den geheimen Loggien und Latomien vor jedem Späherblicke sicher versammelte. DeRossihatunsdiemerkwürdigen Inschriftenrömischer Akademiker der Frührenaissance, z.B. in derKatakombevon SanMarcellino ePietro,

30