Giorgiones Geheimnis : ein kunstgeschichtlicher Beitrag zur Mystik der Renaissance

derbaren Angaben des Paracelsus, der uns von der Natur dieser Monstra als Basilisken ein langes zu erzählen weiß.*°) Aber die Erscheinung von Ungeheuern scheint auch wieder mit der Gemütsart des Melancdolikers verbunden, der sie beschwört, von ihnen versuct wird, oder zu dem sie als Sinnbild gehören. Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang ein Hinweis auf Lukas Cranachs Melancholiebilder, wo Schwärme von Hexen und Monstren die Gestalt der saturnischen Melancholie beunruhigen, die sich eine Wünscelrute zur Entdeckung der Erdschätze schnitzt. So wären also auf unserem Blatte Symbole der alchemistischen „Kunst”, die zugleich Merkmale des Saturnkindes sind und des Melancholikers, um die Person eines Adepten vereinigt, der draußen vor der Stadt, ähnlich wie die drei saturnischen Philosophen, im Schatten einesHügels seinen geheimen Operationen obliegt. Giorgione selber wäre ein solches „Wissen” zuzutrauen; er kannte neben der meditierenden auch die niedere, magish-praktishe Äußerung des Saturniers! Spätere Holzschnittkopien freilich lassen regelmäßig den Basilisken weg, weil er dem Uneingeweihten unverständlich bleiben mußte. Aud für uns, die wir die einst so lebendigen Ideenkomplexe nur mühe sam wieder rekonstruieren können, verschmelzen Basilisk, Totenshäde und Sterndeuter zusammen mit der traumhaften Landschaft mehr als bl oß Stimmungsklänge zur Symphonie eines faustishen Märchens. Leichter fassen wir die Charakteristik des Melancolikers, wie ihn Campagnola noch einmal — diesmal aber nicht magisch operierend, sondern meditierend, in der Höhle, vor einem Totenschädel - in einem tiefsinnigen Blatt gestochen hat.‘”) Wie eine Bestätigung für diese Deutungen Giorgionescher Motive bei G. Campagnola wirkt dessen frühes, unter Benützung früher Dürerstiche entstandenes Blatt mit der Aufschrift „Saturnus”: ein halbnacter, flußgottartig anmutender Greis, liegend mit aufgestütztem Kopf, rechts die drei (symbolischen?) Bäume und im Hintergrund das Meer mit Schiff. Von den vielen Gaben des Saturnus ist hier mit Sicherheit nur die Melancholie und jene Beziehung zum Wasser und zu Meeresreisen kenntlich gemacht, die auch Dürers späterer Melancholia-Stich enthält. Soll die dunkle Schraffur im Vordergrund die „Höhle” andeuten ?-

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