Jakob Böhme's sammtliche Werke : in seiben Bänden

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verlofehen. Alsdann ftehet fie in ewigem Durfte und Hunger nad) folher Eitelkeit, mit welcher fie fi) allhie bat beliebet, und fann aber nichts erreichen, ala nur folhen falfhen eingefaßten Willen, deffen fie in diefem eben zu viel gehabt hat und fich do nicht laffen begnügen, dejfen hat fie aledann zu wenig, darum it fie in ervigem Hunger und Durjt nach Eitelkeit, Bosheit und Leichtfertigkeit. Sie wollte immerdar gern nod mehr Böfes thun, und bat aber nichts darinnen oder damit fie das fann vollbringen, jo gefchieht folhes Vollbringen nur in ihr felber. Und jolder hölli{her Hunger und Durft kann eher nicht ganz offenbar in ihr wer: den, bis ihr der Keib ftirbet, mit dem fie hat aljo in Wolluft ges buhlet, welcher ihr zufügete, wonad fie lüjterte.

40. Der Zünger fprad: Weil Himmel und Hölle in diefer Zeit in ung im Streite, und Gott alfo nahe it, wo wohnen denn die Engel und Teufel in folder Zeit?

Der Meifter fprad: Wo du nad deiner Selbheit und eigenem Willen nicht wohneft, da wohnen die Engel bei dir und überall, und wo du nad deiner Selbheit und eigenem Willen wohneft, da wohnen die Teufel bei dir und überall.

41. Der Jünger fprah: Ich verftehe das nicht.

Der Meifter fprah: Wo Gottes Wille in einem Dinge will, da ift Gott offenbar; in folder Drfenbarung wohnen aud die Engel. Und wo Gott in einem Dinge nit mit des Dinges Willen will: fo ift Gott allda ihm nicht offenbar, fondern wohnet nur in fi) jelber, ohne Mitwirkung defjelben Dinges. Allda ift in dem Dinge eigener Wille ohne Gottes Willen, und da wohnet der Teufel und Alles, was außer Gott ift.

42. Der Zünger fprah: Wie ferne it denn Himmel und Hölle von einander?

Der Meifter jprah: Die Tag und Naht, und wie Jchts (Etwas) und Nichts. Sie find in einander, und ift je eines dem andern wie ein Nichts, und urfahen doc einander zur Freude und Leid. Der Himmel ift durch die ganze Welt und außer der Welt überall, ohne Trennung, Drt und Stätte, und woirfet durch göttliche Dffenbarung nur in fih felber. Und in dem, dag darein fommt, oder in dem, darinnen er offenbar wird: allda ift Gott offenbar. Denn der Himmel ift anders nichts ala eine Offenbarung ded ewigen Eins, da Alles in jtiller Liebe wirket und mill.